MFA-Akademie 2025: Medizinischer Basiskurs Impfen

Modul 1: Einmaleins des Impfens

5. März 2025
Lesedauer: 4 Min.
Illustrierte Grafik von drei Akademie-Absolventinnen

Das Thema Impfen hat fachübergreifend Relevanz für die Praxen in Deutschland. Als Medizinische Fachangestellte (MFA) oder auch Pflegekraft können Sie in diesem Bereich viel Verantwortung übernehmen und neben der Etablierung effizienter Impfabläufe auch eigenständig Impfungen durchführen. Voraussetzung dafür ist die Anordnung sowie die Anwesenheit des verantwortlichen Arztes oder der verantwortlichen Ärztin. Damit Sie auf diese Aufgaben gut vorbereitet und umfassend informiert sind, werden im Modul 1 der MFA-Akademie „Einmaleins des Impfens“ die wichtigsten Basics kompakt thematisiert – von den Grundlagen der verschiedenen Impfstoffe, über die Empfehlungen und die Relevanz der STIKO, bis hin zu den Impfungen, die Sie als Personal in medizinischen Einrichtungen unbedingt selbst haben sollten.

  • Impf-Basics: Zusammensetzung & Funktionsweisen der verschiedenen Impfstoffe

    Vereinfacht werden zwei Arten von Impfstoffen unterschieden: 

     

    1. Lebendimpfstoffe (Attenuierte Erreger)

     

    2. Totimpfstoffe (Inaktivierte Erreger oder Bestandteile)

     

    Lebendimpfstoffe enthalten abgeschwächte Erreger, die sich im Körper reguliert vermehren, nicht aber das entsprechende Krankheitsbild auslösen können. Sie sind verhältnismäßig immunogen und daher sehr kompetent, das Immunsystem zur Bildung von Abwehrzellen und Antikörpern anzuregen. Klassische Lebendimpfstoffe sind die Impfstoffe gegen Masern, Mumps, Röteln, Windpocken und Gelbfieber.

     

    Totimpfstoffe hingegen bestehen aus inaktivierten Erregern oder deren molekularen Bestandteilen (z.B. Oberflächenstrukturen oder Toxine). Anders als Lebendimpfstoffe können sich Totimpfstoffe im Körper nicht vermehren. Sie sind dadurch deutlich verträglicher und können zum Beispiel auch bei Personen mit Immunschwäche eingesetzt werden. Allerdings regen sie das Immunsystem auch weniger stark an, Abwehrzellen und Antikörper zu bilden. Neben dem Antigen werden in inaktivierten Impfstoffen daher oftmals Adjuvanzien (Wirkverstärker) zur Verbesserung der Immunantwort eingesetzt. Beispiele für klassische Adjuvanzien sind zum Beispiel:

    • Aluminiumhydroxid
    • Liposomen
    • MF-59

    In modernen Impfstoffen kommen oftmals auch Adjuvanssysteme zum Einsatz, um die Immunantwort zu optimieren und in bestimmte Richtungen zu lenken. Beispiele für Adjunvanssysteme sind:

    • AS01 (Liposomen, MPL und QS21)
    • AS04 (MPL und Aluminiumhydroxid/phosphat)

    Adjuvanzien helfen im Allgemeinen die Immunantwort schneller, stärker und dauerhafter ausfallen zulassen. 

     

    Wichtige Grundregeln zum Umgang mit Impfungen:

     

    1. Koadministration

    Grundsätzlich sind Impfstoffe koadministrierbar, d.h. an einem Impftermin können mehrere Impfungen gleichzeitig gegeben werden. Dabei können sowohl Lebend- als auch Totimpfstoffe gemeinsam an einem Termin verabreicht werden. Einen Unterschied gibt es nur dann, wenn Impfstoffe nicht am gleichen Tag verabreicht werden. Zwischen einen Lebend- und einem Totimpfoff ist kein definierter Abstand einzuhalten. Zwischen zwei Lebendimpfstoffe sollte ein Mindestabstand von 4 Wochen eingehalten werden.

     

    2. Dokumentation der Impfung
    Die Dokumentation der Impfung muss schriftlich erfolgen und vom verantwortlichen Arzt unterzeichnet werden (nicht-deligierbare Aufgabe). Eine nicht dokumentierte Impfung ist als nicht durchgeführte Impfung anzusehen. Sollten Impfungen nicht dokumentiert sein, sollten notwendige Impfungen durchgeführt und fehlende Impfungen nachgeholt werden.

     

    3. Titerkontrollen

    Eine Titerkontrolle ist nur in seltenen Ausnahmen erforderlich (z.B. bei Patienten mit Immunschwäche oder nach einer Indikationsimpfung gegen Hepatitis B bei Erwachsenen).

     

    4. Impfen und Operationen

    Bei dringenden Eingriffen und Notoperationen ist kein Abstand zwischen ggf. durchgeführten Impfungen und der Operation einzuhalten. Bei planbaren Eingriffen empfiehlt sich ein Abstand von 3 Tagen bei Totimpfstoffen und ein Abstand von 14 Tagen bei Lebendimpfstoffen. Ausnahme sind Impfungen aus vitaler Indikation (z.B. Tetanus, Tollwut).

     

    Referenzen:

    Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2025. Epid Bull 2025;4:1-75 | DOI 10.25646/12971.3

     

  • STIKO & Co.: Von der Empfehlung bis in den Praxisalltag

    Die Ständige Impfkommission (STIKO) ist ein unabhängiges Expertengremium, welches Impfempfehlungen für Deutschland ausspricht. Die aktuellen STIKO-Empfehlungen und weitere hilfreiche Informationsmaterialien zum Impfen gibt es auf der Internetseite des RKIs (www.rki.de).

    Versicherte haben Anspruch auf die von der STIKO empfohlenen Impfungen, wobei die Einzelheiten zur Leistungspflicht für Schutzimpfungen (Voraussetzungen, Art und Umfang) durch den G-BA in der Schutzimpfungs-Richtlinie festgelegt werden (www.g-ba.de).

    Wesentliche inhaltliche Änderungen & Ergänzungen zu den Empfehlungen 2024:

     

    RSV-Prophylaxe: Die STIKO empfiehlt für alle Neugeborenen und Säuglinge eine RSV-Prophylaxe mit dem monoklonalen Antikörper Nirsevimab als Einmaldosis vor bzw. in ihrer ersten RSV-Saison.

     

    RSV-Impfung: Die STIKO empfiehlt allen Personen ≥ 75 Jahre eine einmalige Impfung gegen RSV. Außerdem wird Personen ≥ 60 Jahre, die eine schwere Form einer Grunderkrankung haben und/oder die in einer Einrichtung der Pflege leben, eine einmalige RSV-Impfung empfohlen. 

     

    Influenza: Zum Schutz vor der saisonalen Influenza empfiehlt die STIKO für Personen ≥ 60 Jahre neben dem Influenza-Hochdosis-Impfstoff den MF-59 adjuvantierten Influenza-Impfstoff, jeweils mit aktueller von der WHO empfohlener Antigenkombination. Die WHO hat im September 2023 den Wechsel von quadrivalenten zu trivalenten Influenza-Impfstoffen ohne B/Yamagata Linie empfohlen.

    Der neue Impfkalender 2025

    Der Standardimpfkalender der STIKO zeigt die Impfungen, die jeder Bürgerin und jedem Bürger als Mindestimpfangebot angeboten werden sollten. Für eine bessere Übersicht aufgrund der aufgenommenen Impfempfehlungen, hat die STIKO Ihren Standardimpfkalender in diesem Jahr erstmal in zwei separaten Tabellen abgebildet:

     

    Standardimmunisierungen für Säuglinge und Kleinkinder ≤ 4 Jahre

    Grafik Standardimmunisierungen für Säuglinge und Kleinkinder ≤ 4 Jahre

    Standardimmunisierungen für Kinder ≥ 5 Jahre, Jugendliche und Erwachsene

    Grafik Standardimmunisierungen für Kinder ≥ 5 Jahre, Jugendliche und Erwachsene

    Jetzt alle Änderungen der STIKO im Blick behalten: STIKO-Newsticker

    Referenzen

    Epid Bull 2025;4:1- 75 | DOI 10.25646/12971.3

  • Zielgruppengerechtes Impfen: Indikationsimpfungen im Überblick

    Die STIKO empfiehlt neben den Standardimpfungen auch Indikationsimpfungen, die aufgrund eines erhöhten Risikos sinnvoll sind. Die Indikationsimpfempfehlungen werden in folgende Kategorien unterteilt:

    • I - Indikationsimpfungen für Risikogruppen bei individuell (nicht arbeitsbedingt) erhöhtem Expositions-, Erkrankungs- oder Komplikationsrisiko sowie zum Schutz Dritter
    • B - Impfungen aufgrund eines erhöhten beruflichen bzw. arbeitsbedingten Risikos, z.B. nach Gefährdungsbeurteilung gemäß Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)/Biostoffverordnung (BioStoffV)/Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und/oder zum Schutz Dritter im Rahmen der beruflichen Tätigkeit
    • R - Impfungen aufgrund von Reisen

    Dem Impfschutz von Personal in medizinischen Einrichtungen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da durch die berufliche Tätigkeit ein erhöhtes Expositionsrisiko besteht. Laut STIKO zählen zum Gesundheitspersonal alle Personen, die in Einrichtungen des Gesundheitswesens tätig sind und die aufgrund des Patient*innenkontaktes oder des Kontaktes mit potenziell infektiösen Materialien (z.B. Blut, Sekrete, Exkrete sowie kontaminierte Oberflächen oder Tröpfchen bzw. Aerosole) ein erhöhtes Infektionsrisiko haben. Dies inkludiert auch Auszubildende, Praktikant*innen, Studierende und ehrenamtlich Tätige. 

     

    In Anbetracht der gesetzlichen Regelungen fallen folgende medizinischen Einrichtungen und stationären Pflegeeinrichtungen in den Geltungsbereich der STIKO-Impfempfehlung:

    • Krankenhäuser
    • Einrichtungen für ambulantes Operieren
    • Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt
    • Dialyseeinrichtungen
    • Tageskliniken
    • Entbindungseinrichtungen
    • Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit einer der zuvor genannten Einrichtungen vergleichbar sind
    • Arztpraxen
    • Zahnarztpraxen
    • Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe
    • Einrichtungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden
    • ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen
    • Rettungsdienste

     

    Der umfängliche und vollständige Impfschutz hat dabei zwei wichtige Ziele:

     

    1. Individualschutz: Medizinisches Personal ist einem erhöhten Expositionsrisiko gegenüber gewissen Infektionserregern ausgesetzt. Die beruflich indizierte Impfung dient entsprechend dem individuellen Schutz vor Infektionskrankheiten.

     

    2. Schutz von Patient*innen: Medizinisches Personal kann zudem als Infektionsquelle fungieren. Die Impfung kann somit auch der Verhinderung von impfpräventablen nosokomialen Infektionen der betreuten Patient*innen dienen.

    Die folgenden Impfungen sind laut STIKO für medizinisches Personal indiziert (neben den allgemeinen Standardimpfungen): 

    • COVID-19 (Basisimmunität und jährliche Auffrischimpfung)
    • Hepatitis B (Grundimmunisierung, bei besonderer Gefährdung Auffrischimpfung nach 10 Jahren, wenn Anti-HBs <100 IE/l)
    • Influenza (Jährliche Impfung im Herbst)
    • Masern, Mumps, Röteln (Nach 1970 geborene Personen, 2-malige Impfung)
    • Pertussis (Auffrischimpfung alle 10 Jahre)
    • Varizellen (Seronegative Personen, 2-malige Impfung)

    Darüber hinaus können folgende Impfungen zusätzlich sinnvoll sein:

    • Hepatitis A (Bei erhöhtem Expositionsrisiko)
    • Meningokokken ACWY (Gefährdetes Laborpersonal)
    • Poliomyelitis (Enger Kontakt mit Erkrankten oder Laborpersonal mit Infektionsrisiko)

    Der Masernimpfung ist dabei aufgrund des im Jahr 2022 in Kraft getretenem Masernschutzgesetztes (§ 20 IfSG Abs.8– 14; MSG) eine besondere Bedeutung zuzuschreiben. Demnach müssen alle nach 1970 geborenen Beschäftigten, die in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1 tätig sind, bei Neueinstellung einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern oder eine Immunität gegen Masern aufweisen. Der Nachweis kann durch die Vorlage von zwei dokumentierten Impfungen im Impfpass oder ein ärztliches Zeugnis über einen den Empfehlungen der STIKO entsprechenden Masern-Impfschutz oder das Vorliegen einer Immunität gegen Masern (z.B. nach serologischer Testung auf Masern-Antikörper) erfolgen. Vor 1970 Geborene sind von der Nachweispflicht ausgenommen.

     

    Referenzen

    1. Epid Bull 2025;4:1- 75 | DOI 10.25646/12971.3

    2. Epid Bull 2021;4:13 -22 | DOI 10.25646/7654

     

Hinweis: Die zugehörige Veranstaltung hat im März 2025 stattgefunden – seit April 2025 gibt es für RSV eine aktualisierte STIKO-Impfempfehlung.

 

Bildreferenz

Shutterstock 390891733

Erwachsene
Kinder
Grundlagen Impfung
Haben Sie eine Frage an unsere Experten?
Nutzen Sie das kurze Formular hier, um Ihre Frage schnell einzureichen.

Stellen Sie Ihre Frage

Wichtiger Hinweis
  • Wir können keine Fragen zu spezifischen Patientenfällen, Produktempfehlungen oder off-label-Themen beantworten.
  • Bitte geben Sie so viele Details wie möglich an, damit unsere Experten Ihnen die bestmögliche Antwort geben können. Achten Sie darauf, Ihre Frage klar und präzise zu formulieren.
Tipps für eine gute Frage
  1. Seien Sie klar und spezifisch
    • Geben Sie genügend Kontext, damit andere Ihre Frage leicht verstehen können.
    • Beispiel: Anstatt "Welche Impfungen braucht man auf Reisen?"  fragen Sie lieber "Welche Impfungen werden für eine Reise nach Südostasien empfohlen und was muss man beachten?"
  2. Halten Sie sich an unsere Richtlinien
    • Vermeiden Sie Fragen zu Produkten, spezifischen Patientenfällen sowie off-label-Themen, da wir diese nicht beantworten dürfen.
    • Beispiel: Anstatt "Kann ich Patient X Impfstoff Y verabreichen?"  fragen Sie lieber "Welche Kontraindikationen muss ich bei einer Impfung gegen Grippe beachten?"
  3. Überprüfen Sie bestehende Fragen
    • Nutzen Sie unsere automatischen Vorschläge bei Texteingabe, um die Doppelung von Fragen zu vermeiden.
Beispielfrage

Welche Impfungen werden Schwangeren ohne Vorerkrankungen empfohlen?

    Warum diese Frage geeignet ist:

  • Sie ist spezifisch und für ein breites Publikum geeignet.
  • Sie vermeidet Fragen zu bestimmten Impfstoffen oder individuellen Patientenfällen.
  • Sie konzentriert sich auf offizielle Empfehlungen und nicht auf persönliche Meinungen.
Überprüfen Sie unsere beantworteten Fragen, um Duplikate zu vermeiden.
  • Wenn Sie auf eine Frage klicken, wird diese in einem neuen Tab geöffnet, damit Sie sie überprüfen können.
  • Ihr Fortschritt wird gespeichert, damit Sie zurückkommen und weitermachen können.

Oder stellen Sie Ihre Frage auf der Detailseite.

    Dort finden Sie:

  • Tipps für eine gute Frage – So formulieren Sie klar und präzise.
  • Beispielfrage – Ein Muster für eine gut strukturierte Anfrage.
Zur Detailseite