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Impfung gegen Pneumokokken

Pneumokokken (= Streptococcus pneumoniae) sind Gram-positive Diplokokken. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch. Krankheiten treten meist dann auf, wenn Virusinfektionen des Respirationstraktes den Weg für sekundäre Pneumokokken-Infektionen (Sinusitis, Otitis media, Pneumonie) bahnen. Gelegentlich überwinden Pneumokokken im Rahmen einer Bakteriämie die Blut-Liquor-Schranke und können zu einer eitrigen Meningitis führen.

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Impfung gegen Pneumokokken

Kurzbeschreibung / Geschichte der Impfung

Nach der zeitgleichen Entdeckung von Pneumokokken durch Pasteur und Sternberg im Jahr 1881 wurden zunächst eine Pneumokokken-Ganzkeimvakzine (Wright, 1911) und später erste Polysaccharid-Vakzinen (Francis und Tillet, 1930) entwickelt. Mit Einführung des Penicillins verloren sie wieder an Bedeutung, ehe Austrian und Gold 1964 auf die anhaltende Morbidität durch Pneumokokken aufmerksam machten. Es folgte die Entwicklung einer 14-valenten Polysaccharid-Vakzine (USA, 1977) und schließlich die der bis heute noch gebräuchlichen 23-valenten Pneumokokken-Polysaccharid Vakzine (PPSV23, USA, 1984). Die darin enthaltenen Polysaccharid-Antigene stammen von 23 Serotypen, die vor Einführung der Pneumokokkenkonjugat-Impfprogramme gemeinsam für mehr als 90 % aller invasiven Pneumokokken-Infektionen verantwortlich waren.
Da Polysaccharid-Vakzinen in den ersten beiden Lebensjahren keine ausreichende Immunogenität haben, wurden nach dem gleichen Prinzip wie bei Hib Polysaccharid-Protein-Konjugatvakzinen gegen Pneumokokken entwickelt und klinisch geprüft. Es muss für jeden einzelnen Serotypen, gegen den Schutz erzielt werden soll, ein Polysaccharid-Protein-Konjugat entwickelt werden. Versuche haben gezeigt, dass nur eine begrenzte Anzahl von diesen Konjugaten gleichzeitig appliziert werden kann, wenn ein optimales "Priming" gegen alle in der Vakzine enthaltenen Serotypen erreicht werden soll. Die bislang entwickelten Pneumokokken-Konjugatvakzinen enthalten 7-13 verschiedene Polysaccharid-Antigene.

Impfalter

Protein-Konjugatvakzine: Ab 2 Monate
Polysaccharid-Vakzine: Ab 2 Jahre

Impfschutz-Dauer

Mindestens 6 Jahre

Impfschutz-Symptome

Ein sicheres serologisches Korrelat für Schutz vor Pneumokokken-Krankheiten ist nicht bekannt, die WHO empfiehlt im Rahmen der Immunogenitätsbewertung von Impfstoffen einen Serotyp-spezifischen Schwellenwert von >0,35 µg/ml.

STIKO Empfehlung

STIKO Empfehlung

Seit 2006 wird die Pneumokokken-Impfung mit Konjugatimpfstoff als Standardimpfung bzw. ergänzende Impfung für Kinder im Alter von 2 bis 24 Monaten allgemein empfohlen.
Die Impfung mit dem 20-valenten Konjugat-Impfstoff (PCV 20) ist in Deutschland für alle Personen ab dem Alter von 60 Jahren einmalig empfohlen. Personen, die bereits mit dem 23-valenten Polysacharid-Impfstoff (PPSV23) geimpft wurden, sollen in einem Mindestabstand von 6 Jahren nach der PPSV23-Impfung eine Impfung mit PCV20 erhalten. Zudem ist eine Impfung mit dem 20-valenten Konjugat-Impfstoff (PCV20) für Personen ≥18 Jahre mit erhöhtem Risiko für Pneumokokken-Infektionen empfohlen. Für Kinder ≥2 Jahre und Jugendliche bis zum 18 Geburtstag mit einem erhöhten Risiko ist die sequenzielle Impfung mit PCV13 oder PCV15, gefolgt von PPSV23 nach 6 – 12 Monaten empfohlen. Wiederholungsimpfungen sind bei anhaltend erhöhtem Krankheitsrisiko alle 6 Jahre empfohlen. Die STIKO definiert dafür folgende Indikationsgruppen:


1. Angeborene oder erworbene Immundefekte bzw. Immunsuppression, wie z.B.:


- T-Zell-Defizienz bzw. gestörte T-Zell-Funktion
- B-Zell- oder Antikörperdefizienz (z.B. Hypogammaglobulinämie)
- Defizienz oder Funktionsstörung von myeloischen Zellen (z.B. Neutropenie, chronische Granulomatose, Leukozytenadhäsionsdefekte, Signaltransduktionsdefekte)
- Komplement- oder Properdindefizienz
- funktioneller Hyposplenismus (z. B. bei Sichelzellanämie), Splenektomie oder anatomische Asplenie
- neoplastische Krankheiten
- HIV-Infektion
- nach Knochenmarktransplantation
- immunsuppressive Therapie (z.B. wegen Organtransplantation oder Autoimmunerkrankung)
- Immundefizienz bei chronischem Nierenversagen, nephrotischem Syndrom oder chronischer Leberinsuffizienz


2. Chronische Krankheiten, wie z.B.:


- chronische Erkrankungen des Herzens, der Atmungsorgane (z.B. Asthma, Lungenemphysem, COPD)
- Stoffwechselkrankheiten, z.B. mit oralen Medikamenten oder Insulin behandelter Diabetes mellitus
- neurologische Krankheiten, z.B. Zerebralparesen oder Anfallsleiden


3. Anatomische und Fremdkörper-assoziierte Risiken für Pneumokokkenmeningitis, wie z.B.


- Liquorfistel
- Cochlea-Implantat (Impfung sollte möglichst vor der jeweiligen Intervention verabreicht werden)

 

Erstmals wurde von der STIKO 2016 auch ein berufliches erhöhtes Risiko für Pneumokokken-Krankheiten definiert, nämlich Schweißen und Trennen von Metallen, die zu einer Exposition gegenüber Metallrauchen einschließlich metalloxidischen Schweißrauchen führen.

Impfschema

Impfschema

Das Impfschema für den 13- bzw. 15-valenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoff im Säuglingsalter bis zu 2 Jahren lautet wie folgt:
Reifgeborene erhalten 3 Impfstoffdosen im Alter von 2, 4, und 11 Monaten. Ein Mindestabstand von 6 Monaten zwischen der vorletzten und letzten Dosis der Grundimmunisierung sollte eingehalten werden. Für Frühgeborene (geboren vor der 37. Schwangerschaftswoche) gilt das ”3+1"-Impfschema mit 4 Impfstoffdosen im Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten.

Für die Indikationsgruppen lauten die Empfehlungen wie folgt: Kinder ≥2 Jahre, Jugendliche: Sequenzielle Impfung mit PCV13 oder PCV15, gefolgt von PPSV23 nach 6 – 12 Monaten. Wiederholungsimpfungen sind bei anhaltend erhöhtem Krankheitsrisiko alle 6 Jahre empfohlen.
Personen ≥18 Jahre: Impfung mit PCV20.
Personen ≥18 Jahre, die in der Vergangenheit bereits eine sequentielle Impfung (PCV13 + PPSV23) erhalten haben, sollen in einem Mindestabstand von 6 Jahren nach der PPSV23-Impfung eine Impfung mit PCV20 erhalten. Bei einer ausgeprägten Immundefizienz kann bereits mit einem Mindestabstand von 1 Jahr nach der PPSV23-Impfung eine Impfung mit PCV20 erfolgen. Ebenso kann bei einer ausgeprägten Immundefizienz bei vorangegangenen Impfungen mit PCV13 oder PCV15 eine Impfung mit PCV20 im Abstand von 1 Jahr erwogen werden.
Menschen, die beim schweissen Metalrauch ausgesetzt sind, sollen zunächst eine Impfung mit PCV20 erhalten. Personen dieser Gruppe, die bereits mit PPSV23 geimpft wurden, sollen bei anhaltender Exposition in einem Mindestabstand von 6 Jahren nach der PPSV23-Impfung eine Impfung mit PCV20 erhalten.
Für Jugendliche im Alter von 16 –17 Jahre mit arbeitsbedingter Indikation wird aufgrund der breiteren Serotyp-Abdeckung die alleinige Impfung mit PPSV23 empfohlen.

Impfschema
Bekannte Nebenwirkungen

Bekannte Nebenwirkungen

Polysaccharid-Vakzine: Vorübergehende, mild ausgeprägte Lokalreaktionen sind häufig, systemische Nebenwirkungen wie z.B. Fieber dagegen selten. Finden Auffrischimpfungen in kürzeren Abständen als oben angegeben statt, so muss mit erheblichen Lokalreaktionen (Rötung, Schwellung, Schmerzen) gerechnet werden.
Pneumokokken-Konjugatimpfstoffe: Lokale Nebenwirkungen sind ähnlich häufig wie nach anderen inaktivierten Impfstoffen und meistens milde ausgeprägt und von kurzer Dauer. Lediglich vermehrtes Fieber (meist unter 39°C) wurde bei gleichzeitiger im Vergleich zu alleiniger Gabe von hexavalentem Impfstoff beobachtet (13-19 % versus 10 %).

Kontraindikationen

Kontraindikationen

Folgende Kontraindikationen sind zu beachten:


- Akute, behandlungsbedürftige Krankheiten (ausgenommen "banale Infektionen"): Verschiebung des Impfbeginns
- Bekannte, allergische Reaktionen auf Bestandteile des Impfstoffes

Kontraindikationen

Referenzen

Heininger: Impfratgeber – Impfempfehlungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene/ 11. Auflage – Bremen: UNI-MED, 2022; Seite 84-91, Epid Bull 2024;4:1- 72 | DOI 10.25646/11892

NP-DE-VX-WCNT-220047, März 2024