Haemophilus-influenzae-Typ-B-Infektionen

Haemophilus influenzae ist ein ausschließlich humanpathogenes, Gram-negatives Stäbchenbakterium. Es führt bereits in den ersten Lebensjahren in hohem Maße zur Besiedelung des Nasopharynx und ruft bei einem Teil der Kolonisierten eine Vielzahl verschiedener Krankheiten hervor. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch.

6. Mai 2025
Lesedauer: 5 Min.
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Gefährdete Gruppen

Nicht oder unvollständig geimpfte Kinder, Menschen mit relevanter Immundefizienz, Patienten mit anatomischer oder funktioneller Asplenie.

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Symptome Schnellcheck

Lokale Hib-Krankheiten unter anderem:

  • Pharyngitis
  • Sinusitis
  • Otitis media
  • Mastoiditis
  • Konjunktivitis
  • Bronchitis
  • Pneumonie

 

Systemische Hib-Krankheiten unter anderem:

  • Meningitis
  • Epiglottitis
  • Phlegmone
  • Arthritis purulenta
  • Osteomyelitis
  • Sepsis
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Gefahren für Patienten

Bei eitrigen Meningitiden beträgt die Letalität 5 %. In 30 % aller Fälle muss mit Residuen (Hypakusis bis Taubheit, Zerebralschäden) gerechnet werden. Todesfälle in Folge einer Epiglottitis treten bei bis zu 5 % der Fälle auf.

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Ätiologie, Pathogenese und Epidemiologie

Vor Einführung der Impfungen gegen Hib waren etwa 5 % aller Kinder mit Hib im Nasopharynx kolonisiert. Nur ein geringer Teil dieser Kinder erkrankte an einer invasiven Infektion. Vor Einführung der Hib-Schutzimpfung im Jahr 1990 erkrankte in Deutschland jedes 500. Kind in den ersten 5 Lebensjahren an einer invasiven Hib-Infektion. Somit kam es jährlich zu mehr als 1.500 schweren, hospitalisierungspflichtigen Hib-Infektionen. Jenseits des 5. Lebensjahres wurden dagegen kaum noch invasive Infektionen beobachtet, da zu diesem Zeitpunkt fast jedes Kind durch Kolonisierung im Nasopharynx protektive Antikörper natürlich erworben hatte.

Nach 1990 gingen die Krankheitszahlen drastisch zurück. So wurden schon 1993 insgesamt nur noch 121 invasive Hi-Krankheitsfälle gemeldet. Nach 1993 wurden jedes Jahr weniger als 70 systemische Hi-Infektionen gemeldet, wovon die meisten Krankheitsfälle durch rechtzeitige und vollständige aktive Immunisierungen hätten verhindert werden können. Auch die Krankheitszahlen bei den (wenigen) ungeimpften Kindern gingen aufgrund des Rückganges von Hib-Kolonisierungsraten bei Geimpften und demnach der Infektionsmöglichkeiten signifikant zurück.

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Krankheitsbild

Es wird zwischen unbekapselten und bekapselten Haemophilus influenzae Typen unterschieden. Invasive Krankheiten sind meistens die Folge einer Infektion mit einem bekapselten Typen. Die Kapsel besteht aus Polysacchariden, wovon 6 unterschiedliche Typen bekannt sind (a bis f). Mit Abstand am häufigsten sind Infektionen mit Kapseltyp b (=Hib), bei dessen Polysaccharid es sich um Polyribosylphosphat (PRP) handelt.

Nach einer Inkubationszeit von wenigen Tagen führen Infektionen mit Hib zu einer Reihe verschiedener lokaler und systemischer Krankheiten. Gefürchtet sind die systemischen Hib-Infektionen:

Eitrige Meningitiden sind durch einen hochakuten Beginn mit Fieber, Berührungsempfindlichkeit, Opisthotonus und jenseits des Säuglingsalters zunehmend auch Nackensteifigkeit gekennzeichnet.

Die Epiglottitis ist ebenfalls durch einen hochakuten Krankheitsbeginn mit hohem Fieber, inspiratorischem Stridor, Schmerzen beim Schlucken und daher Speichelfluss aus dem Mund sowie Dyspnoe gekennzeichnet. Ursache dafür ist eine ausgeprägte entzündliche Schwellung der Epiglottis. Die Epiglottitis muss von der wesentlich häufigeren und weniger gefährlichen subglottischen Laryngotracheitis (Krupp-Syndrom) abgegrenzt werden.

Durch Hib verursachte Phlegmonen (eitrige Gewebsentzündungen) befinden sich meistens im Gesichtsbereich und nehmen ihren Ausgang häufig von Sinusitiden (z.B. Orbitalphlegmone bei Sinusitis maxillaris).

Purulente (septische) Arthritiden entstehen durch hämatogene Ausbreitung des Bakteriums. Fieber und eine schmerzhafte Gelenksschwellung charakterisieren das Krankheitsbild.

Die Osteomyelitis äußert sich in einer schmerzhaften Rötung und Schwellung des Weichteilgewebes über dem betroffenen Knochen. Sie geht mit Fieber und einer Schonhaltung der entsprechenden Körperregion einher.
Ferner gehörte Hib zu den typischen Erregern der Sepsis im Kleinkindesalter.

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Diagnose

Die Diagnose einer Hib-Infektion wird durch den Erregernachweis gestellt.
Bei Verdacht auf eine Meningitis muss – außer bei klinischen Hinweisen auf erhöhten Hirndruck – eine Lumbalpunktion erfolgen. Neben dem Liquorstatus sollte eine Gramfärbung sowie eine Bakterienkultur durchgeführt werden.
Bei der Arthritis purulenta erfolgt der Erregernachweis direkt aus dem Untersuchungsmaterial (Gelenkpunktat).

Bei Verdacht auf eine systemische Infektion ist es ferner sinnvoll, wenn möglich vor Therapiebeginn eine Blutkultur zu gewinnen.

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Therapie

Die Therapie von Hib-Infektionen besteht in der Gabe eines Antibiotikums. Bei Hib-Meningitiden verringert eine begleitende Dexamethasongabe (1. Dosis vor der 1. Antibiotikagabe!) die Komplikationsrate.

Die Epiglottitis ist ein medizinischer Notfall und erfordert neben i.v. Antibiotikatherapie das Freihalten der Atemwege durch Intubation.

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Prävention

4-tägige Chemoprophylaxe mit Rifampicin: Diese sollten alle nicht oder unvollständig geimpften Kinder jünger als 4 Jahre oder Personen mit relevanter Immundefizienz, die älter als 1 Monat sind und näheren Kontakt (Familie, Tagesunterbringung, Gemeinschaftseinrichtung) zu einem Erkrankten hatten, erhalten. Alternative ist Ciprofloxacin.

Referenzen

1. Heininger: Impfratgeber – Impfempfehlungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene/ 11. Auflage – Bremen: UNI-MED, 2022; Seite 71-73Abb. 4.7: Haemophilus influenzae

Grundlagen Erreger
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