MFA-Akademie - Modul 3: Impfmanagement & Kommunikation

Sich seriös über das Thema Impfen zu informieren, allen Patient*innen mit Rat und Tat in Bezug auf Impfungen beiseitezustehen und richtig mit Impfskepsis und hartnäckigen Impf-Mythen umzugehen, ist herausfordernd und zeitaufwändig. Im dritten Modul der MFA-Akademie werden wir genau diese Themen adressieren und Ihnen hilfreiche Tipps an die Hand geben - nicht nur um selbstbewusster mit diesen Themen umgehen zu können, sondern auch um das Impfmanagement in Ihrer Praxis nachhaltig zu verbessern.

7. Juni 2023
Lesedauer: 9 Min.
Grafik Modul 3

Lernen Sie in den folgenden Kurzzusammenfassungen mehr über die Themen Durchführung der Schutzimpfung, seriöse Impfquellen & hartnäckige Impf-Mythen sowie sichere Kommunikation rund ums Impfen.

  • Vortrag 1: Wir klären auf: Was ist bei der Durchführung der Schutzimpfung zu beachten?

    Für den reibungslosen Ablauf einer Schutzimpfung sind regulatorische, organisatorische und administrative Aufgaben im Vorfeld und Nachgang einer Impfung abzustimmen. Daher empfiehlt es sich, ein Standardvorgehen in der Praxis festzulegen (etwa für die Identifikation von Impflücken) und das Impfmanagement als gesonderten Aufgabenbereich festzulegen.

     

    Vor Durchführung einer Schutzimpfung:

    Identifikation von Impflücken bei:

    • Jedem Praxisbesuch
    • Routinemäßig bei Vorsorgeuntersuchungen, Erstkontakt, besonderen (bspw. Unfall) und saisonalen (bspw. Reisen) Ereignissen

    Aufklärung und Einwilligung der Patient*innen:

    • Vorbereitung von Informations- und Aufklärungsunterlagen
    • Fremdsprachige Unterlagen erhältlich unter: www.rki.de/impfen > Informationsmaterial
    • Eine schriftliche Einwilligung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben
    • Die Dokumentation einer Ablehnung ist sinnvoll

    Impfstofflogistik und -lagerung:

    • Routinemäßige Bestandskontrolle und Bestellung
    • Lagerung im separaten (Spezial-)Kühlschrank ohne Eisfach bei +2°C bis +8°C
    • Messung der Temperatur mittig im Kühlschrank
    • Temperaturkontrolle mind. 1x pro Tag, besser 2x/Tag
    • Dokumentation von Minimal- und Maximal-Temperatur oder mittels Datenlogger
    • Aufbewahrung der Impfstoffe in Originalverpackung
    • Kein Kontakt der Impfstoffe zu den Kühlschrankwänden und keine Lagerung in der Kühlschranktür
       

    Durchführung einer Schutzimpfung

    • Bevorzugt in M. deltoideus (sofern ausreichend ausgebildet) oder M. vastus lateralis bei Säuglingen und Kleinkindern
    • Ruhiges, kooperatives und sachkundiges Auftreten 
    • Körperposition, Nadellänge, ggf. Lokalanästhetika, sowie eine zügige Injektion helfen, Schmerz- und Stressreduktion zu reduzieren
    • Falsche und richtige Kontraindikation beachten
       

    Nach der Durchführung einer Schutzimpfung

    Dokumentation:

    • Unverzüglich im Impfausweis bzw. Impfbescheinigung
    • Fehlende Dokumentation von Impfungen ist kein Grund, Impfungen zu verschieben, nicht nachzuholen oder zu beginnen
    • Kein besonderes Risiko von zusätzlichen Impfungen bei bestehendem Impfschutz
    • Über notwendige Folge- und Auffrischungsimpfungen ist zu informieren

    Meldung des Verdachts einer Impfkomplikation:

    Übliche Impfreaktionen (STIKO Kriterien):

    • Lokale Reaktionen: 1-3 Tage
      (Rötungen, Schwellungen oder Schmerz an der Injektionsstelle)
    • Fieber < 39,5°C: 1-3 Tage
    • Kopf- & Gliederschmerzen, Mattigkeit, Übelkeit, Unruhe, Schwellung regionärer Lymphknoten: 1-3 Tage
    • „Impfkrankheit“ 1-3 Wochen nach Lebendimpfstoffen
       z. B.: leichte Parotisschwellung, kurzzeitige Arthralgien, flüchtiges Exanthem nach Masern-, Mumps-, Röteln- oder Varizellen-Impfung, milde gastrointestinale Beschwerden nach Rotavirus- oder Typhus-Impfungen

    Impfungen von Personal in medizinischen Einrichtungen kommt eine besondere Bedeutung zu. Sie haben ein erhöhtes Expositionsrisiko. Schutzimpfungen dienen daher ihrem individuellen Schutz. Gleichzeitig können sie Krankheitserreger weitergeben, sodass die Impfung von Personal in medizinischen Einrichtungen impfpräventable Infektionen verhindern kann (sog. Drittschutz).

     

    Referenzen:

    1. Epid Bull 4|2023, Kapitel 4 Hinweise zur Durchführung von Schutzimpfung

    2. Epid Bull 4|2021, Stellungnahme der STIKO zu Impfungen von Personal in medizinischen Einrichtungen in Deutschland, S. 13-22

    3. Infektionsschutzgesetz (IfSG)

    4. RKI - Faktenblatt zur Kontraindikation bei Impfungen

  • Vortrag 2: Seriöse Informationsquellen und sichere Kommunikation rund um Impfungen

    Die Einstellung der deutschen Bevölkerung zu Impfungen ist nach den Ergebnissen einer Befragung der BZgA überwiegend positiv und somit besser als häufig angenommen wird. Gut vier Fünftel der 16- bis 85-Jährigen bezeichnen sich selbst als Impfbefürworter. Der Anteil an Impfgegner*innen ist sehr gering.

    Abb. 1. Geschätzte Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß ausgewählter impfpräventabler Erkrankungen in Ländern mit niedrigerem Einkommen bei nicht-immunen Reisenden (entnommen aus Epid Bull 14, 2023)

    Leider zeigen die entsprechenden Durchimpfungsraten in Deutschland ein etwas anderes Bild. Die Impfquoten der gängigen Standardimpfungen bei Erwachsenen fallen durchweg zu niedrig aus:

    Abb. 2. FSME-Risikogebiete (n = 178) eingefärbt nach Höhe der Inzidenz im Zeitraum 2018 – 2022

    Aus Umfragen ergaben sich die meistgenannten Gründe, weshalb Impfungen unterlassen werden:

    • Skepsis: Erkrankung ist nicht schwer / Angst vor Nebenwirkungen
    • Alltagshürden: Impftermin vergessen oder verpasst / Zu hoher Zeitaufwand

    Es empfiehlt sich deshalb, in der Praxis über wichtige Zweifel und Ängste aufzuklären sowie den Aufwand bei anstehenden Impfungen für die Patient*innen möglichst gering zu halten.

    Ein weiteres Ergebnis zeigt, dass die Aufklärung bezüglich Impfungen durch das Praxisteam, Informationsbroschüren und Internetseiten eine große Rolle spielt.

    Deshalb können seriöse Informationsquellen im Internet nicht nur für die Praxis, sondern auch für die Aufklärung von Patient*innen genutzt werden.
     

    Liste von wichtigen Internetseiten zum Thema Impfungen:

     

    Kommunikationstechniken können dazu beitragen, das Patient*innengespräch positiv und überzeugend zu führen. Hierzu gehören eine verbindliche und sympathische Gesprächsführung, um das Vertrauen in Impfungen zu stärken und eine Impfmüdigkeit abzuwenden.

     

     

    Ein paar Grundregeln für ein erfolgreiches Impfgespräch gilt es dabei zu beachten:

    • Einfache Sprache
    • Verständliche Risikoeinschätzung
    • Einsatz von Schaubildern
    • Einsatz von Gesprächstechniken
    • Abklärung der Vertrauensbasis

    Besonders bei schwierigen und negativ eingestellten Patient*innen, kann eine Vertrauensfrage bezüglich der Einschätzung von fachlichen Empfehlungen der Praxis gestellt werden.

    Ein unkomplizierter Weg zur Steigerung der Impfquoten in der Praxis stellt aber die Fokussierung auf eine aufgeschlossene, gut zugängliche Patient*innengruppe dar: Impfbefürworter mit Impflücken.

    Ein entscheidender Punkt ist auch die verbindliche Patient*innenansprache hinsichtlich des Impfausweises, um eine Kontrolle des Impfstatus zu ermöglichen. Zur Unterstützung ist der Einsatz von Hilfsartikeln wie z.B. Klebezetteln sowie Maßnahmen wie Ansprache am Telefon, Impfterminvergabe etc. sehr sinnvoll. Besonders effektiv sind hier auch digitale Impfprogramme, die einen leichten Überblick über den Impfstatus und anstehende Impfungen ermöglichen.

     

    Wichtige Faktoren für ein erfolgreiches Impfmanagement sind hier zusammengefasst:

    • Gutes Impfmanagement (Entwicklung/Optimierung der Praxisabläufe mit dem Ziel der Impfratensteigerung)
    • Fortgebildetes & motiviertes Personal, MFA (Impfassistentin)
    • Impfausweiskontrolle, Recall System, Impfsoftware
    • Praxis definiert Impfziele und Maßnahmen (+ Überprüfung)
    • Positionslichter Impfpraxis (Aufsteller, Poster, Aktionen …)

     

    Referenzen:

    1. BZgA: Einstellungen, Wissen und Verhalten von Erwachsenen und Eltern gegenüber Impfungen, 2014/2020/2022

    2. Epid Bull 49/2022 | DOI 10.25646/10855

    3. https://www.kbv.de/temp/ALIVE_Fact_Sheet_RZ_ST.pdf

  • Vortrag 3: Fake-News: Aufklärung der hartnäckigsten Impf-Mythen

    Wie bei vielen Dingen im Leben gibt es auch bei Impfungen Falschinformationen. Im Internet existieren zahlreiche Mythen, die sich lange und hartnäckig halten. Insbesondere Patienten, die unschlüssig oder skeptisch sind, können dadurch von sinnvollen Impfungen abgehalten werden.

    Für Patienten und auch für Fachkreise ist es oftmals schwierig, zwischen wissenschaftlichen Fakten und Fake-News zu unterscheiden.

     

    Im Folgenden haben wir Ihnen exemplarisch drei der hartnäckigsten Impf-Mythen und deren Auflösung zusammengestellt:

     

    1. Impfen und Allergien

    Mythos: Fälschlicherweise werden Impfungen für das gehäufte Auftreten von Allergien verantwortlich gemacht.

    Fakt: Es gibt keine Belege, dass Impfungen das Allergierisiko erhöhen, aber Hinweise darauf, dass Impfungen das Allergierisiko senken können.

     

    2. Impfen und Multiple Sklerose (MS)

    Mythos: Angeblich seien nach Impfungen Patienten häufiger an MS erkrankt.

    Fakt: Eine systematische Auswertung vieler Studien zeigt das Gegenteil: in der Gruppe der Geimpften tritt eine MS deutlich seltener auf.

     

    3. Impfen und Autismus

    Mythos: Für das Auftreten von Autismus-Fällen werden Impfungen verantwortlich gemacht.

    Fakt: Dieser Fall beruht auf den vorsätzlich gefälschten Studiendaten eines englischen Arztes. Mittlerweile wurde durch viele (korrekte) Studien gezeigt, dass dies nicht der Fall ist und Impfungen nicht für das Auftreten von Autismus-Fällen verantwortlich sind.

     

    Zur Aufklärung von Patient*innen über Impfungen und zur Richtigstellung von Fehlinformationen muss auf sachliche und wissenschaftlich korrekte Informationen geachtet werden. Hilfreich können dabei die Faktenblätter des Robert-Koch-Institutes sein.

     

    Referenzen:

    1. S3-Leitlinie „Allergieprävention“ der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). 

    https://register.awmf.org/assets/guidelines/061-016l_S3_Allergiepraevention_2022-11.pdf

    2. Faktenblätter Impfmythen des RKI: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Materialien/Impfmythen/Impfmythen_inhalt.html

    3. „Widerlegen, aber richtig-2020“; The Debunking Handbook 2020. https://skepticalscience.com/docs/DebunkingHandbook2020-German.pdf

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