MFA-Akademie 2025: Medizinischer Basiskurs Impfen

Modul 2: Rundum gut geschützt

2. April 2025
Lesedauer: 4 Min.
Illustrierte Grafik von drei Akademie-Absolventinnen

Das Alter selbst, aber auch bestimmte Lebenssituationen haben einen direkten Einfluss auf das menschliche Immunsystem und erfordern daher unterschiedliche Präventionsstrategien. Das Lebensalter ist dabei aus mehreren Gesichtspunkten besonders relevant. Das noch junge und unreife Immunsystem von Neugeborenen kann zum Beispiel nur schwer mit komplexen Erregern umgehen und ist daher besonders anfällig für Infektionskrankheiten.

Mit der Zeit lernt das Immunsystem durch den direkten Kontakt mit Erregern, ebenso durch Impfungen. Mit fortschreitendem Alter lässt die Effektivität des Immunsystems allerdings wieder nach, wodurch insbesondere hochbetagte Patient*innen wiederum ein deutlich erhöhtes Risiko haben schwer an gewissen Infektionskrankheiten zu erkranken. Auch schöne Lebensumstände, wie zum Beispiel eine Schwangerschaft, beeinflussen die Immunkompetenz der Mutter direkt und sind aus Perspektive des Impfschutzes als besonders zu betrachten. Das zweite Modul der MFA-Akademie thematisiert die Besonderheiten verschiedener Lebensphasen und klärt auf, wann welche von der STIKO empfohlenen Impfungen wichtig und sinnvoll sind. 

  • Wunder des Lebens: Wichtige Impfungen für Schwangere

    Schwangere, ungeborene Babys und Säuglinge haben ein hohes Risiko an Infektionskrankheiten zu erkranken oder sogar zu versterben. Während einer Schwangerschaft verändert sich das Immunsystem der werdenden Mutter: Die Immunabwehr wird herunterreguliert, damit die Schwangerschaft aufrechterhalten werden kann. Neugeborene hingegen haben noch ein unreifes Immunsystem und sind daher besonders anfällig für Infektionskrankheiten. Die Impfung der Mutter während der Schwangerschaft ist eine wichtige Präventionsstrategie, um dem Neugeborenen durch die Übertragung mütterlicher Antikörper in den ersten Lebensmonaten einen Schutz vor Infektionen mitzugeben. Die Übertragung der maternalen Antikörper auf das Ungeborene bezeichnet man als Nestschutz. Zudem schützen Impfungen während der Schwangerschaft die werdende Mutter vor Infektionskrankheiten und schweren Verläufen.

     

    Dementsprechend sind die folgenden Impfungen von der Ständigen Impfkommission (STIKO) in der Schwangerschaft ausdrücklich empfohlen:

     

    Pertussis:

    Eine Impfung gegen Pertussis wird allen schwangeren Frauen zu Beginn des 3. Trimenon (idealerweise zwischen der 28. und 32. Schwangerschaftswoche) empfohlen. Bei erhöhter Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt sollte die Impfung bereits im 2. Trimenon erfolgen. Die STIKO empfiehlt die Impfung in jeder Schwangerschaft. Im Vordergrund der Pertussis-Impfung steht der Nestschutz und damit der Schutz des Neugeborenen.

     

    Grafik Schwangerschaft

    Influenza:

    Die STIKO empfiehlt die Influenza-Impfung allen Schwangeren ab dem 2. Trimenon. Bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung ab dem 1. Trimenon. Bei der Influenza-Impfung steht der Schutz der Schwangeren, die aufgrund der Schwangerschaft als Hochrisikopatientin gilt, im Vordergrund.

     

    Impfungen in der Schwangerschaft – was ist erlaubt, was nicht?

    Impfungen mit Lebendimpfstoffen wie z. B. gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken sind in der Schwangerschaft kontraindiziert. Impfungen mit inaktivierten Impfstoffen (Totimpfstoffe) sind hingegen sicher. Im ersten Drittel der Schwangerschaft sollten nur unbedingt notwendige Impfungen durchgeführt werden, um zu vermeiden, dass eine Fehlgeburt in der frühen Schwangerschaft mit der Impfung in Verbindung gebracht wird.

     

    Frauen mit Kinderwunsch sollten bereits vor einer Schwangerschaft ihren 

    Impfstatus überprüfen lassen und Impflücken schließen, insbesondere:

     

    COVID-19:

    Überprüfen und ggf. vervollständigen der Basisimmunität.

     

    Masern:

    Nach 1970 geborene Erwachsene, die einen unklaren Impfstatus haben, bisher nicht geimpft oder nur einmal in der Kindheit geimpft wurden, erhalten die 

    einmalige MMR-Impfung.

     

    Röteln:

    Ungeimpfte Frauen oder Frauen mit unklarem Impfstatus im gebärfähigen Alter erhalten zweimalig die MMR-Impfung im Abstand von vier Wochen. Frauen, die bereits einmal geimpft wurden, erhalten noch eine Dosis des MMR-Impfstoffs.

     

    Windpocken:

    Seronegative Frauen mit Kinderwunsch erhalten zwei Impfdosen.

  • Das erste Lebensjahr: Wichtige Impfungen für die Kleinsten

    Im ersten Lebensjahr stehen für Säuglinge laut STIKO-Impfkalender einige Impfungen an. Denn gerade die Kleinsten sind aufgrund ihres noch unreifen Immunsystems besonders gefährdet für schwere Verläufe von Infektionskrankheiten. 

     

    Folgende Impfungen bzw. Immunisierungen werden von der STIKO im ersten Lebensjahr empfohlen: 

     

    RSV:

    Einmalige passive Immunisierung mit monoklonalen Antikörpern (Nirsevimab) je nach Geburtsmonat in oder vor der ersten RSV-Saison

     

    Rotaviren: 

    Ab einem Alter von 6 Wochen je nach verwendetem Impfstoff 2 oder 3 Impfdosen eines Schluckimpfstoffs (Mindestabstand 4 Wochen)

     

    6-fach-Impfung:

    3 Impfdosen im Alter von 2, 4 und 11 Monaten (6-fach-Impfung enthält die Impfstoffe gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hib, Poliomyelitis & Hepatitis B)

     

    Pneumokokken:

     3 Impfdosen im Alter von 2, 4 und 11 Monaten 

     

    Meningokokken B:

     3 Impfdosen im Alter von 2, 4 und 12 Monaten

     

    Meningokokken C:

     1 Impfdosis im Alter von 12 Monaten

     

    Masern, Mumps, Röteln (MMR):

     2 Impfdosen im Alter von 11 und 15 Monaten (Mindestabstand 4 Wochen)

     

    Varizellen:

     2 Impfdosen im Alter von 11 und 15 Monaten (Mindestabstand 4 Wochen)

     

    Mehrere Impfungen an einem Termin?

    Um bei Säuglingen einen frühzeitigen Schutz gegen möglichst viele, teils folgenschwere Infektionskrankheiten aufzubauen und um gleichzeitig die Anzahl an Impfterminen für die Eltern und Säuglinge sowie für das Praxisteam zu verringern, empfiehlt die STIKO die Koadministration verschiedener Impfstoffe. 
     

    So sollte beispielsweise im Alter von 2 (und 4) Monaten die jeweilige Impfdosis der Meningokokken-B-Impfung gleichzeitig mit der 6-fach-Impfung, der Pneumokokken-Impfung und der Rotavirus-Schluckimpfung verabreicht werden. Für die praktische Umsetzung empfiehlt die STIKO 2 der 3 Injektionsimpfungen in einen äußeren Oberschenkel-Muskel (M. vastus lateralis) mit einem Mindestabstand von 2 cm zu verabreichen, die 3. Injektionsimpfung in den kontralateralen Oberschenkel. Da durch die gleichzeitige Gabe mehrerer Impfstoffe das Risiko einer hohen Reaktogenität besteht, empfehlt die STIKO für Kinder unter 2 Jahren eine prophylaktische Paracetamol-Gabe. 
     

    Im Alter von 11 Monaten sollten die 3. Impfdosis der 6-fach-Impfung mit der 1. MMR-Impfung sowie der 1. Varizellen-Impfdosis koadministriert werden. 
     

    Im Alter von 12 Monaten können die letzte Meningokokken-B-Impfdosis und die Meningokokken-C-Impfung gemeinsam verabreicht werden und im Alter von 15 Monaten die jeweils 2. Impfdosis der MMR- und Varizellen-Impfung. 

    Referenzen

    Epid Bull 2025;4:1- 75 | DOI 10.25646/12971

  • Gesund altern: Wichtige Impfungen im höheren Lebensalter

    Das Alter macht sich nicht nur optisch über die Jahre bemerkbar, sondern beeinflusst auch unser aller Immunsystem in direkter Weise. Mit fortschreitendem Lebensalter nimmt die Fähigkeit des Immunsystems Erreger abzuwehren deutlich ab. Das liegt an vielfältigen Prozessen innerhalb des Immunsystems. Zum Beispiel besitzen wir im Alter weniger naive T- & B-Zellen, wodurch sich unsere erworbene Immunabwehr weniger gut auf neue Erreger einstellen kann. Auch andere Immunzellen sind von Alterungsprozessen betroffen – dies zeigt sich unter anderem in der reduzierten Fähigkeit antimikrobielle oder andere Effektor-Moleküle zu produzieren. Dieses allmähliche Nachlassen der Leistungsfähigkeit des Immunsystems mit zunehmendem Lebensalter nennt man Immunseneszenz. In Bildern gesprochen ist das Immunsystem und dessen Leistungsfähigkeit wie ein Regenschirm, der uns vor Pathogenen aus der Umwelt, als Regen dargestellt schützt. Während der Regenschirm zunächst einmal in Leben immer größer wird, so wird es im höheren Lebensalter wieder kleiner und vermag uns nicht mehr so gut zu schützen.

    Grafik mit Männchen unter Regenschirmen

    Neben der Immunseneszenz spielen im Alter chronische Erkrankungen, wie z.B. Diabetes oder rheumatische Erkrankungen, eine zunehmende Rolle. Eben diese Grunderkrankungen stellen ein zusätzliches und relevantes Risiko für diese Patienten dar, schwere Krankheitsverläufe im Zuge einer Infektion zu entwickeln.

    Um Ihre hochbetagten Patient*innen entsprechend bestmöglich vor impfpräventablen Infektionskrankheiten zu schützen, empfiehlt die STIKO daher standardmäßig folgende Impfungen:

    Grafik Big 5 für ältere Patienten

    COVID-19:
    Die STIKO empfiehlt Personen ab 60 Jahren eine Basisimmunität gegen COVID-19, die durch mindestens drei Antigenkontakte erreicht wird. Zudem wird für diese Altersgruppe eine jährliche Auffrischimpfung im Herbst empfohlen – vorzugsweise mit einem an die aktuelle Virusvariante angepassten Impfstoff. 
     

    Herpes zoster (Gürtelrose):

    Die STIKO empfiehlt Personen ab 60 Jahren standardmäßig die Impfung gegen Herpes zoster mit einem adjuvantierten Herpes-zoster-Totimpfstoff. Die Impfserie besteht aus zwei Impfstoffdosen, die im Abstand von zwei bis sechs Monaten verabreicht werden sollten. Für Patienten ab 50 Jahren, die aufgrund einer bestehenden Grunderkrankung ein erhöhtes Risiko für einen Herpes zoster aufweisen, empfiehlt die STIKO die Herpes-zoster-Impfung als Indikationsimpfung. Beispiele für entsprechende Grunderkrankungen sind u.a. Diabetes mellitus, Asthma bronchiale oder auch rheumatoide Arthritis. 

     

    Influenza:

    Die STIKO empfiehlt standardmäßig allen Personen ab 60 Jahren eine jährliche Impfung gegen die saisonale Influenza. Die Impfung sollte einem Hochdosis-Impfstoff oder einem MF59-adjuvantiertem Impfstoff mit der aktuell von der WHO empfohlenen Antigenkombination durchgeführt werden. Zudem sollte die Impfung entsprechend der Saisonalität der Influenza im Herbst, idealerweise zwischen Mitte Oktober und Mitte Dezember durchgeführt werden.

     

    Pneumokokken:

    Die STIKO empfiehlt allen Personen ab 60 Jahren eine einmalige Impfung mit dem 20-valenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (PCV20). Wichtig: Personen ab 60 Jahren, die bereits eine Impfung gegen Pneumokokken mit dem 23-valenten Polysaccharidimpfstoff erhalten haben, sollten ebenfalls mit einem Abstand von i.d.R. 6 Jahren noch einmal mit PCV20 gegen Pneumokokken geimpft werden. Weitere Auffrischimpfungen sind nach aktuellem Datenstand nicht notwendig.

     

    RSV:

    Die STIKO empfiehlt Personen ab 75 Jahren standardmäßig eine einmalige Impfung gegen RSV. Darüber hinaus empfiehlt die STIKO Personen zwischen 60 und 74 Jahren mit schweren Grunderkrankungen oder die in Pflegeeinrichtungen leben eine einmalige Impfung gegen RSV als Indikationsimpfung. Die RSV-Impfung ist laut STIKO mit einem proteinbasierten RSV-Impfstoff durchzuführen und sollte idealerweise im Herbst vor Beginn der RSV-Saison durchgeführt werden.

     

    Neben den Standradimpfungen sollte grundsätzlich auf einen vollständigen altersgerechten Impfstatus geachtet werden (z.B. Tetanus). Zudem können andere zusätzliche Impfungen, wie zum Beispiel eine Pertussis- oder Polio-Auffrischungsimpfung, z.B. durch den Kontakt zu Neugeborenen oder eine anstehende Reise, notwendig sein.

    Referenzen

    Epid Bull 2025;4:1- 75 | DOI 10.25646/12971

Hinweis: Die zugehörige Veranstaltung hat im April 2025 stattgefunden – seit April 2025 gibt es für RSV eine aktualisierte STIKO-Impfempfehlung.

 

Bildreferenz

Shutterstock 390891733, GSK Owned (ASSET-1912836)

Erwachsene
Kinder
Grundlagen Impfung
Haben Sie eine Frage an unsere Experten?
Nutzen Sie das kurze Formular hier, um Ihre Frage schnell einzureichen.
Wichtiger Hinweis
  • Wir können keine Fragen zu spezifischen Patientenfällen, Produktempfehlungen oder off-label-Themen beantworten.
  • Bitte geben Sie so viele Details wie möglich an, damit unsere Experten Ihnen die bestmögliche Antwort geben können. Achten Sie darauf, Ihre Frage klar und präzise zu formulieren.
Tipps für eine gute Frage
  1. Seien Sie klar und spezifisch
    • Geben Sie genügend Kontext, damit andere Ihre Frage leicht verstehen können.
    • Beispiel: Anstatt "Welche Impfungen braucht man auf Reisen?"  fragen Sie lieber "Welche Impfungen werden für eine Reise nach Südostasien empfohlen und was muss man beachten?"
  2. Halten Sie sich an unsere Richtlinien
    • Vermeiden Sie Fragen zu Produkten, spezifischen Patientenfällen sowie off-label-Themen, da wir diese nicht beantworten dürfen.
    • Beispiel: Anstatt "Kann ich Patient X Impfstoff Y verabreichen?"  fragen Sie lieber "Welche Kontraindikationen muss ich bei einer Impfung gegen Grippe beachten?"
  3. Überprüfen Sie bestehende Fragen
    • Nutzen Sie unsere automatischen Vorschläge bei Texteingabe, um die Doppelung von Fragen zu vermeiden.
Beispielfrage

Welche Impfungen werden Schwangeren ohne Vorerkrankungen empfohlen?

    Warum diese Frage geeignet ist:

  • Sie ist spezifisch und für ein breites Publikum geeignet.
  • Sie vermeidet Fragen zu bestimmten Impfstoffen oder individuellen Patientenfällen.
  • Sie konzentriert sich auf offizielle Empfehlungen und nicht auf persönliche Meinungen.
Überprüfen Sie unsere beantworteten Fragen, um Duplikate zu vermeiden.
  • Wenn Sie auf eine Frage klicken, wird diese in einem neuen Tab geöffnet, damit Sie sie überprüfen können.
  • Ihr Fortschritt wird gespeichert, damit Sie zurückkommen und weitermachen können.

Oder stellen Sie Ihre Frage auf der Detailseite.

    Dort finden Sie:

  • Tipps für eine gute Frage – So formulieren Sie klar und präzise.
  • Beispielfrage – Ein Muster für eine gut strukturierte Anfrage.
Zur Detailseite