Pneumokokken - Risikogruppen und sequentielle Impfung

Pneumokokken sind grampositive Bakterien, die morphologisch zur Gruppe der Diplokokken gehören. Zumeist besiedeln diverse Stämme den Nasenrachenraum des Trägers.

6. Januar 2023
Lesedauer: 4 Min.
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Die Trägerprävalenz liegt bei Säuglingen/Kindern bei ca. 40-95%1, was zu einer endogenen Infektion führen kann. Pneumokokken können aber auch per Tröpfchen- oder Schmierinfektion von Mensch zu Mensch übertragen werden. Sie verursachen verschiedene leichtere Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege, die Infektion kann sich aber auch ausbreiten und zu Folgeerkrankungen wie Meningitis, Otitis media, Pneumonie oder Sepsis führen. Besonders schwerwiegende Verläufe werden immer dann ausgelöst, wenn die Bakterien in sterile Körperregionen wie z.B. Blut oder Liquor eindringen. Man spricht dann von sogenannten invasiven Pneumokokken Erkrankungen (IPD)2.

Zwischen einem und zwei Dritteln aller Kinder sind hauptsächlich in den ersten 2 Lebensjahren Wirt und Überträger von Pneumokokken, erst mit Abschwächung des Immunsystems steigt die Anzahl der Infektionen auch bei Erwachsenen (>65 Jahre) wieder an.3 Besonders Personen mit Immundefizienz oder Vorerkrankungen wie Asthma und COPD tragen ggf. lebenslang ein 5 – 17-fach erhöhtes Risiko einer IPD.4 Die STIKO empfiehlt deswegen verschiedene Impfschemata und verschiedene Impfstoffe, abhängig von der Altersgruppe, Gefährdung und Exposition. Die Grundimmunisierung von reif geborenen Säuglingen sollte innerhalb der ersten 12 Monate bis zum Alter von 2 Jahren mit drei Impfdosen eines Konjugatimpfstoffes erfolgen.

Ältere Personen ab 60 und Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Pneumokokken Erkrankungen sollen mit einem Polysacharid Impfstoff immunisiert werden. Grundsätzlich werden verschiedene Impfschemata für Risikogruppen definiert. Eine Auffrischungsimpfung wird für alle Gruppen alle 6 Jahre empfohlen5.

Risikogruppen laut STIKO (Epid. Bull 04/2022)

 

1. Angeborene oder erworbene Immundefekte, wie z. B.:

▶ T-Zell-Defizienz bzw. gestörte T-Zell-Funktion

▶ B-Zell- oder Antikörperdefizienz (z. B. Hypogammglobulinämie)

▶ Defizienz oder Funktionsstörung von myeloischen Zellen (z. B. Neutropenie, chronische Granulomatose, Leukozytenadhäsionsdefekte, Signaltransduktionsdefekte)

▶ Komplement- oder Properdindefizienz

▶ funktionelle Hyposplenie (z. B. bei Sichelzellanämie), Z.n. Splenektomie* oder anatomische Asplenie

▶ neoplastische Krankheiten

▶ HIV-Infektion

▶ nach Knochenmarktransplantation

▶ immunsuppressive Therapie* (z. B. wegen Organtransplantation od. Autoimmunerkrankung)

▶ bei chronischem Nierenversagen, nephrotischem Syndrom oder chronischer Leberinsuffizienz

 

2. Sonstige chronische Krankheiten, wie z. B.:

▶ chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Erkrankungen der Atmungsorgane, z. B. Asthma bronchiale, Lungenemphysem, COPD

▶ Stoffwechselkrankheiten, z. B. mit oralen Medikamenten oder Insulin behandeltem Diabetes mellitus

▶ neurologische Krankheiten, z. B. Zerebralparesen oder Anfallsleiden

 

3. Anatomische und fremdkörperassoziierte Risiken für Pneumokokken-Meningitis, wie z. B.:

▶ Liquorfistel

▶ Cochlea-Implantat

Bei Personen, die zur Risikogruppe 1, Risikogruppe 2 (2-15 Jahre) und Risikogruppe 3 gehören, sind von der STIKO je nach Impfstatus sequentielle Impfschemata empfohlen (Abb. 1).

Impfstatus  Empfohlenes Impfschema für sequenzielle Impfung PPSV23-Wiederholungsimpfung im Abstand von mindestens 6 Jahren zur letzten PPSV23-Impfung
1. Impfung 2. Impfung
Keine Impfung PCV13 PPSV23 im Abstand von 6 - 12 Monaten* Ja 
PCV13 PPSV23 im Abstand von 6 - 12 Monaten entfällt  Ja 
PCV7 oder PCV10 PCV13 PPSV23 im Abstand von 6 - 12 Monaten* Ja
PPSV23 vor < 6 Jahren  PCV13 im Abstand von 12 Monaten PPSV23 im Abstand von 6 Jahren zur vorangegangenen PPSV23-Impfung Ja 
PPSV23 vor  ≥ 6 Jahren  PCV13  PPSV23 im Abstand von 6 - 12 Monaten* Ja 
PCV13  + PPSV23  entfällt entfällt Ja 

* PPSV23 (23-valenter Polysaccharid-Impfung) kann frühestens 2 Monate nach der PVC13-Impfung (13-valenter Konjugatimpfstoff) gegeben werden (z.B. bei Impfung vor geplanter immunsuppressiver Therapie); ein längerer Abstand von 6 - 12 Monaten ist immunologisch günstiger.

Abbildung 1: Sequenzielle Indikationsimpfung unter Berücksichtigung des bisherigen Impfstatus, ab 2 Jahren nach STIKO6

Die Impfquoten sind in den Risikogruppen bundesweit sehr schlecht: Bei den Immunsupprimierten liegt sie z.B. bei etwa 10 Prozent. Bei den Über-60-Jährigen ist etwa jeder Vierte geimpft und bei den Personen mit Vorerkrankungen nur etwa 18 Prozent.7

Auch bestimmte berufliche Tätigkeiten können eine Impfempfehlung nach sich ziehen.

Zusammenfassung

Pneumokokken können weltweit übertragen werden und stehen auf der Liste der empfohlenen impfpräventablen Infektionserkrankungen der STIKO. Je nach Alter (alle Säuglinge ab 2 Monaten und Menschen >60 Jahren) und Gesundheitszustand (Immundefiziente, chronisch Kranke, Asthma- oder Diabetespatienten, Personen mit z.B. einem Cochlea-Implantat oder Liquorfistel), gibt es unterschiedliche Impfstoffe und -schemata.

Referenzen

1. Nature, Scientific Reports | (2021) 11:18279 | https://doi.org/10.1038/s41598-021-97807-1

2. RKI – Schutzimpfungen A-Z- Schutzimpfung gegen Pneumokokken: Häufig gestellte Fragen

3. Jeffrey N. Weiser, Daniela M. Ferreira, James C. Paton: Streptococcus pneumoniae: transmission, colonization and invasion. In: Nature Reviews Microbiology. Band 16, Nr. 6, Juni 2018, ISSN 1740-1526, S. 355–367

4. Van Hoek AJ et al., J Infection, 2012; 65; 17-24

5. Epid. Bull. 04/2022

6.  Epid. Bull. 04/2022 7. Pharmazeutische Zeitung, 20.09.2022

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