Pertussis und SIDS: Wie wir die Kleinsten schützen können
Eine aktuelle Studie analysiert die Korrelation zwischen Pertussis-Impfung und sinkender SIDS-Rate. Können Schutzmaßnahmen gegen Pertussis auch vor plötzlichem Kindstod schützen? Die wichtigsten Daten im Überblick.

Gibt es eine Korrelation zwischen Pertussis und SIDS?
Es ist ein grundlegendes Prinzip: Korrelation impliziert keine Kausalität. Dennoch können bestimmte Korrelationen zum Nachdenken anregen. Ein Beispiel hierfür ist die Beziehung zwischen der Pertussis-Impfung und der Häufigkeit des plötzlichen Kindstods (Sudden Infant Death Syndrome, SIDS) in Deutschland über die letzten Jahrzehnte. Insbesondere die Pertussis-Fallzahlen des Jahres 2024, die den höchsten Stand seit Einführung der Meldepflicht erreicht haben, stellen eine Brisanz für dieses komplexe Thema dar.
Während die Pertussis-Immunisierungsraten in Westdeutschland in den 1980er Jahren einen Tiefpunkt erlebten, war die SIDS-Mortalitätsrate auf dem Höchststand. In Ostdeutschland hingegen, mit gleichbleibend hohen Pertussis-Immunisierungen und nicht-Bauchlage als empfohlener Säuglings-Schlafposition, war die SIDS-Mortalitätsrate im Vergleich durchgehend niedriger.1
Ein möglicher Grund für diese Korrelation könnte eine (unerkannte) Pertussis-Infektion mit nachfolgenden Apnoen oder Laryngospasmen sein, bei denen SIDS eine späte Komplikation darstellen könnte.1,2
Historie: Empfehlungen für Impfungen und Schlafpositionen1
Eine Analyse des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) untersuchte eine mögliche Korrelation zwischen SIDS und Säuglings-Hospitalisierungsraten wegen Pertussis in West- und Ostdeutschland für den Zeitraum von 1994–2019. Ein besonderes Augenmerk galt den Veränderungen der SIDS-Raten in den Jahren nach 1991 (Intervention I) und 2000 (Intervention II).
- Intervention I
Im Jahr 1991 wurde in Westdeutschland die Pertussis-Impfempfehlung nach einer Unterbrechung seit dem Jahr 1974 wieder aufgenommen. Zudem wurde die Empfehlung ausgesprochen Säuglinge nicht in die Bauchlage zum Schlafen zu legen. - Intervention II
Seit dem Jahr 2000 empfiehlt die STIKO eine Pertussis-Auffrischimpfung für Jugendliche. Zeitgleich wurde die Rückenlage als einzig sichere Schlafposition empfohlen.
Interventionen reduzierten die SIDS-Rate1
Die Ergebnisse der LGL-Studie zeigen, dass die SIDS-Raten in Westdeutschland nach der Wiedereinführung der Pertussis-Impfung und der Empfehlung, Säuglinge nicht auf dem Bauch schlafen zu lassen, um 30 % gesenkt wurden.
- Die SIDS-Rate fiel von 1,68 (1991) auf 1,18 (1992) pro 1.000 Lebendgeburten.
- Bis 2020 sank die Rate in ganz Deutschland auf 0,1 pro 1.000 Lebendgeburten.
Die Analyse der Trends zwischen SIDS und Pertussis-Hospitalisierungen (1994–2019) zeigt eine starke Verbindung zwischen beiden Faktoren, besonders in Westdeutschland (0,69) und auch in Ostdeutschland (0,41).
- Für Intervention I (1991) wurden signifikante Veränderungen sowohl in der Höhe (Veränderung der SIDS-Rate zu einem bestimmten Zeitpunkt) als auch im Trend (Veränderung der Rate über einen längeren Zeitraum) der SIDS-Rate in Westdeutschland festgestellt.
- Für Intervention II (2000) gab es eine signifikante Veränderung im Trend für beide Teile Deutschlands, jedoch keine Veränderung in der Höhe der SIDS-Rate.
Zur Prävention wird geraten
Im Jahr 2024 wurden in Deutschland 24.882 Keuchhustenerkrankungen registriert, die höchste jährliche Fallzahl seit Beginn der Meldepflicht im Jahr 2013.3,4 Im Vergleich zu den vorangegangenen 4 Jahren ist dies ein deutlicher Anstieg (Abb. 1). Das Robert-Koch-Institut (RKI) vermutet, dass die niedrigeren Zahlen vor allem in den Jahren 2020 und 2021 die Infektionsschutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie widerspiegeln. Doch auch der bisherige Höchststand im Jahr 2017 liegt deutlich unter den für 2024 registrierten Erkrankungen.3

Abb.1: Jährliche Keuchhustenmeldungen in Deutschland seit dem Jahr 2014 bis 2024 (mod. nach 3,4)
Die STIKO empfiehlt eine Pertussis-Impfung für:5
Neugeborene und Kleinkinder: Die erste Impfung gegen Pertussis erfolgt im Rahmen der kombinierten Impfungen (DTPa-Impfung) bei 2, 4 und 11–12 Monaten. Eine Auffrischung ist im Alter von 5–6 Jahren vorgesehen.
Schwangere: Eine Auffrischsimpfung für schwangere Frauen wird in jeder Schwangerschaft empfohlen, vorzugsweise zwischen der 28. und 32. Schwangerschaftswoche. Diese schützt das Neugeborene vor Pertussis in den ersten Lebensmonaten.
Erwachsene und Kontaktpersonen von Neugeborenen: Besonders Personen, die engen Kontakt zu Säuglingen haben (z. B. Eltern, Großeltern, Betreuer), sollten eine Auffrischimpfung gegen Pertussis erhalten, wenn die letzte Impfung mehr als 10 Jahre zurückliegt. Generell wird allen Erwachsenen empfohlen, die nächste fällige Td-Impfung einmalig in Kombination mit einer Pertussis-Komponente (Tdap) durchzuführen. Bei entsprechender Indikation kann diese als Tdap-IPV (Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Polio) verabreicht werden.
Ein kausaler Zusammenhang zwischen Pertussis und SIDS ist bislang nicht eindeutig nachgewiesen, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Die von der STIKO empfohlenen präventiven Maßnahmen könnten dazu beitragen, das Risiko zu minimieren.1
Darüber hinaus gelten die Empfehlungen der S1-Leitlinie 'Prävention des Plötzlichen Säuglingstods' weiterhin.4
Diese umfassen wichtige Aspekte wie:6
- Rückenlage für Schlafperioden
- Vermeidung von Überwärmung während des Schlafens
- Verzicht auf Kopfkissen, Fellunterlagen und andere Gegenstände, mit denen sich das Kind überdecken könnte
- Vermeidung von Zigarettenrauch in der Umgebung des Kindes
Diese Maßnahmen können dazu beitragen, das Risiko des plötzlichen Kindstods weiterhin zu minimieren.
Referenzen
1. Müller-Nordhorn J, et al. The association of public health interventions regarding both infant sleep position and pertussis immunization with sudden infant death syndrome rates: an ecological study. BMC Pediatr. 2025;25(1):79.
2. Scadding GK, Brock C, Chouiali F, Hamid Q. Laryngeal inflammation in the sudden infant death syndrome. Curr Pediatr Rev. 2014;10(4):309–313.
3. Nationale Lenkungsgruppe Impfen. Keuchhusten (Pertussis). Letzte Aktualisierung: 11.12.2024 https://www.nali-impfen.de/monitoring-daten/krankheitsfaelle-in-deutschland/keuchhusten-pertussis/ (abgerufen am 13.03.2025).
4. Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin 1/2025. Unter: https://www.rki.de/DE/Aktuelles/Publikationen/Epidemiologisches-Bulletin/2025/01_25.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (Abgerufen am 21.03.2025).
5.Schutzimpfung gegen Pertussis (Keuchhusten). 2024; unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/ImpfungenAZ/Pertussis/Pertussis.html (Abgerufen am 21.03.2025).
6. S1-Leitlinie Prävention des Plötzlichen Säuglingstods. AWMF online 2023. Reg.-Nr.: 063-002; unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/063-002 (abgerufen am 13.03.2025).
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