Impfungen gegen saisonale virale Atemwegserreger
Impfungen gegen saisonale virale Atemwegserreger (Influenza, RSV und COVID)
Auf einen Blick:
Im Herbst startet die Hochsaison vieler viraler Atemwegserreger. Ein umfänglicher und rechtzeitiger Impfschutz, insbesondere für Risikogruppe, ist daher besonders wichtig. Folgende Impfungen gegen saisonal virale Atemwegserreger werden von der STIKO als Standardimpfung empfohlen:
- Influenza: Alle Personen ab 60 Jahren
- COVID: Alle Personen ab 60 Jahren
- RSV: Alle Personen ab 75 Jahren
Impfempfehlung für die jährliche Influenza-Impfung1,2:
Eine Influenza-Infektion kann mit schwerwiegenden Krankheitsverläufen einhergehen. Im Jahr 2018 bewertete die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) die Influenza als die Infektionserkrankung mit der höchsten Krankheitslast in Europa.3 Etwa 25.100 Menschen starben in der Saison 2017/18 in Deutschland an den Folgen einer Influenza-Infektion. Die COVID-Pandemie und das Tragen von Atemwegsmasken führte zum Aussterben der Influenza B Yamagta Line.4 Die anderen Influenza-Stämme sind nach wie vor im Umlauf.
Neue Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO)1:
Die WHO empfiehlt seit Februar 2024 die Rückkehr zu trivalenten Influenza-Impfstoffen für die kommenden Saisons. Auf die Komponente Influenza B/Yamagata soll künftig in Anbetracht das Verschwinden dieser Linie verzichtet werden.
Die STIKO reagierte am 01. August 2024 auf die Empfehlung der WHO mit einem Beschluss zum Wechseln von quadrivalenten Influenza-Impfstoffen zu trivalenten Impfstoffen. Da zur Saison 2024/2025 noch keine trivalenten inaktivierten Influenza-Impfstoffe zur Verfügung stehen, räumt die STIKO eine sogenannte Übergangszeit in der Saison 2024/2025 ein. Die Anwendung von quadrivalenten Influenza-Impfstoffen mit der Komponente Influenza B/Yamagata ist in der Saison 2024/2025 weiterhin möglich. Für lebend-attenuierte Influenza-Impfstoffe (LAIV) hingen gilt diese Übergangfrist nicht, da bereits trivalente LAIV für die nasale Verabreichung zur Verfügung stehen. Es wird entsprechend nicht empfohlen in der Saison 2024/2025 einen quadrivalenten LAIV zu verwenden.
Ab Saison 2025/2026 sind dann nur noch triavlente Influenzaimpfsotffe empfohlen.2
Die STIKO empfiehlt eine Influenza-Impfung für:5
- alle Personen ≥ 60 Jahren (Standardimpfempfehlung)
- alle Schwangeren ab dem 2. Trimenon (bei Indikation früher)
- Personen ab 6 Monaten mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung (chronische Erkrankungen, Immundefizienz)
- Bewohner von Alters- oder Pflegeheimen
- Personen, die als mögliche Infektionsquelle im selben Haushalt lebende oder von ihnen betreute Risikopersonen gefährden können
- Personen mit beruflicher bzw. Reiseindikation
Impfempfehlung für die jährliche COVID-19-Auffrischimpfung:6
Alle Personen ab dem 18. Lebensjahr sollten laut STIKO-Empfehlung über eine Basisimmunität gegen SARS-CoV-2 (COVID-19) verfügen. Die Basisimmunität besteht aus drei SARS-CoV-2-Antigenkontakten, von denen mindestens ein Kontakt durch eine Impfung erfolgen muss. Eine Infektion sollte nur dann als Antigenkontakt gewertet werden, wenn der Abstand zu einer vorangegangenen oder nachfolgenden Impfung mehr als 3 Monate beträgt. Ein serologischer Nachweis ist nicht notwendig. Noch fehlende Antigenkontakte sollen zeitnah durch Impfungen aufgefüllt werden.
Gesunden Personen bis zum 18. Lebensjahr wird wegen der überwiegend milden Verläufe und des sehr geringen Hospitalisierungsrisikos in dieser Altersgruppe keine COVID-19-Impfung empfohlen. Beim Vorliegen von Grunderkrankungen, die mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf einhergehen, wird die COVID-19-Impfung ab einem Alter von 6 Monaten empfohlen.
Tipps für die Praxis:
Die jährliche Auffrischimpfung gegen COVID-19 im Zuge der Standard- oder Indikationsimpfung sollte vornehmlich im Herbst erfolgen.
Eine Koadministration mit den Influenza-Impfstoffen ist möglich.
Folgende Personengruppen sollten zusätzlich zur Basisimmunität jährlich zum Herbst hin eine Impfung mit einem mRNA- oder proteinbasierten Impfstoff entsprechend der Zulassung mit einer aktuell von der WHO empfohlenen Variantenanpassung erhalten:
- Personen im Alter ≥60 Jahre
- Bewohner in Einrichtungen der Pflege sowie Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf in Einrichtungen der Eingliederungshilfe
- Personen ab dem Alter von 6 Monaten mit einer Grundkrankheit, die mit einem erhöhten Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf einhergeht
- Personen jeden Alters mit einem erhöhten arbeitsbedingten Infektionsrisiko in der medizinischen und/oder pflegenden Versorgung mit direktem Kontakt zu Patientinnen und Patienten oder Bewohnenden
- Familienangehörige und enge Kontaktpersonen ab dem Alter von 6 Monaten von Personen, bei denen nach einer COVID-19-Impfung keine schützende Immunantwort zu erwarten ist.
Grunderkrankungen, die mit einem erhöhten Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf assoziiert sind, sind laut STIKO z.B.:
- Chronische Erkrankungen der Atmungsorgane (z.B. chronisch obstruktive Lungenerkrankung [COPD])
- Chronische Herz-Kreislauf-, Leber- und Nierenerkrankungen
- Diabetes mellitus und andere Stoffwechselerkrankungen
- Adipositas
- Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS), wie z.B. chronische neurologische Erkrankungen, Demenz oder geistige Behinderung, psychiatrische Erkrankungen oder zerebrovaskuläre Erkrankungen
- Trisomie 21
- Angeborene oder erworbene Immundefizienz (z.B. Human Immunodeficiency Virus-(HIV-) Infektion, chronisch-entzündliche Erkrankungen unter relevanter immunsupprimierender Therapie, z.B. nach Organtransplantation)
- Aktive neoplastische Krankheiten
Für immungesunde Personen dieser Indikationsgruppen, die im laufenden Jahr bereits eine SARS-COV-2-Infektion durchgemacht hatten, ist die COVID-19-Auffrischimpfung im Herbst in der Regel nicht notwendig.6
Ebenso wird gesunden Erwachsenen unter 60 Jahren sowie gesunden Schwangeren bei bestehender Basisimmunität derzeit keine jährlichen Auffrischimpfungen empfohlen.
Impfempfehlung für die RSV-Impfung:7
Seit August 2024 empfiehlt die STIKO allen Personen ab einem Alter von 75 Jahren eine einmalige Impfung gegen RSV (Standardimpfung). Darüber hinaus sollten Personen im Alter von 60 bis 74 Jahren, die eine schwere Form einer Grunderkrankung haben und/oder die in einer Einrichtung der Pflege leben, ebenfalls eine einmalige Impfung gegen RSV erhalten (Indikationsimpfung).
Zu den Patienten mit Grunderkrankungen, welche bei schweren Ausprägungen eine einmalige RSV-Impfung erhalten sollten, gehören:
- Chronische Erkrankungen der Atmungsorgane
- Chronische Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen
- Chronische neurologische und neuromuskuläre Erkrankungen
- Hämato-onkologische Erkrankungen
- Diabetes mellitus (mit Komplikationen)
- Schwere angeborene oder erworbene Immundefizienz
Tipps für die Praxis:
Die RSV-Saison geht für gewöhnlich von Oktober bis März. Die Impfung gegen RSV sollte entsprechend möglichst im September/Anfang Oktober erfolgen, damit ein bestmöglicher Schutz bereits in der darauffolgenden RSV-Saison besteht.6
Aktuell stehen in Deutschland zwei proteinbasierte RSV-Impfstoffe (adjuvantiert vs. nicht adjuvantiert) sowie ein mRNA-basierter RSV-Impfstoff zur Verfügung. Die Impfempfehlungen der STIKO beziehen sich ausschließlich auf die proteinbasierten RSV-Impfstoffe.
Aktuell wird die RSV-Impfung als einmalige Impfung verabreicht. Inwiefern zu einem späteren Zeitpunkt Auffrischungsimpfungen nötig sind, kann auf Basis der aktuellen Datenlage noch nicht beantwortet werden.
Passive Immunisierung von allen Neugeborenen und Säuglingen mit dem monoklonalen Antikörper Nirsevimab:8
Die STIKO empfiehlt darüber hinaus allen Neugeborenen und Säuglingen eine RSV-Prophylaxe (passive Immunisierung) mit dem monoklonalen Antikörper Nirsevimab als Einmaldosis vor bzw. in ihrer ersten RSV-Saison. Säuglinge, die zwischen April und September geboren sind, sollen Nirsevimab möglichst im Herbst vor Beginn ihrer 1. RSV-Saison erhalten. Neugeborene, die während der RSV-Saison (üblicherweise zwischen Oktober und März) geboren werden, sollen Nirsevimab möglichst rasch nach der Geburt bekommen.8
Nicht vergessen!
Aufgrund der vielen saisonalen Impfungen im Herbst, fallen die weiteren Standardimpfungen oftmals hinten hinunter. Nutzen Sie die Impftermine, um den Impfpass zu kontrollieren und ggf. fehlende Impfungen nachzuholen. Durch Koadministration kann man so den Patienten sogar den ein oder anderen Termin ersparen. Personen über 60 Jahren sowie Personen mit relevanten Grunderkrankungen sollten gemäß STIKO auch folgende Impfungen zusätzlich erhalten: 1,4
Pneumokoken-Impfung |
Herpes-zoster-Impfung |
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Pneumokoken-Impfung | Herpes-zoster-Impfung |
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Referenzen
1. WHO. Recommended composition of influenza virus vaccines for use in the 2023-2024 northern hemisphere influenza season. 2023. Accessed 07.10.2024, 2024.
2. Robert-Koch-Institut. STIKO: Stellungnahme zur PCV20-Anwendung; Beschluss zum Wechsel von quadri zu trivalenten Influenzaimpfstoffen. Epidemiologische Bulletin. 2024;31.
3. Alessandro Cassini EC, Alessandro Pini, Marie-Josee J Mangen2, Dietrich Plass, Scott A McDonald , Guido Maringhini , Alies van Lier , Juanita A Haagsma , Arie H Havelaar, Piotr Kramarz, Mirjam E Kretzschmar, on behalf of the BCoDE consortium. Impact of infectious diseases on population health using incidence-based disability-adjusted life years (DALYs): results from the Burden of Communicable Diseases in Europe study, European Union and European Economic Area countries, 2009 to 2013. Eurosuveillance. 2018;23(16).
4. Koutsakos M, Wheatley, A.K., Laurie, K. et al. Influenza lineage extinction during the COVID-19 pandemic? Nat Rev Microbiol 2021;19:741-742.
5. Robert-Koch-Institut. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch Institut 2024. Epidemiologische Bulletin. 2024;4.
6. Robert-Koch-Institut. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung in den allgemeinen Empfehlungen der STIKO 2024. Epidemiologisches Bulletin. 2024;2.
7. Institut RK. STIKO: 1-malige RSV-Impfung für alle ≥ 75-Jährigen sowie Indikationsimpfung für 60- bis 74 -Jährige mit Risikofaktoren. Epidemiologische Bulletin. 2024;32.
8. Institut RK. STIKO: Prophylaxe von RSV-Erkrankungen mit Nirsevimab bei Neugeborenen und Säuglingen. Epidemiologische Bulletin. 2024;26:3-29.