Blutungsneigung & Impfen: Das sollten Sie beachten

Blutungsneigungen & Co. gehören zu den falschen Kontraindikationen für Impfungen. Gerade für komorbide Patienten ist ein vollständiger Impfschutz laut STIKO-Empfehlung besonders wichtig. Bei der Durchführung gilt es jedoch einiges zu beachten: Ein Überblick mit praktischen Tipps.

3. August 2023
Lesedauer: 2 Min.
Hände halten einen Tropfen Blut

Subkutane Verabreichung in vielen Fällen möglich

Bei Personen mit Blutungsneigung oder Gerinnungsstörungen – ob im Kindes- oder Erwachsenenalter – kann die intramuskuläre Injektion von Impfstoffen zu Unsicherheiten führen. Denn obwohl auch für diese Gruppe uneingeschränkt die Empfehlungen der STIKO gelten, kann die Verabreichung in den Muskel möglicherweise zum Problem werden.1,2

Auf eine Impfung sollte deswegen aber nicht verzichtet werden. Stattdessen kann die Applikation häufig subkutan erfolgen. Ein Großteil der Vakzine kann laut den jeweiligen Fachinformationen auch auf diesem Wege verabreicht werden. Sollte das bei einem Impfstoff nicht möglich sein, so findet sich schnell ein Ersatz.1

Das RKI hat Herstellerangaben zu den empfohlenen bzw. vorgeschriebenen Injektionswegen der derzeit in Deutschland verfügbaren Impfstoffe in einer praktischen Tabelle zusammengefasst. Ebenfalls angegeben sind alternative Injektionswege, sofern vorhanden, sowie Hinweise aus den jeweiligen Fachinformationen.1

 

Impfung in den Muskel = Hämatom?

Auch das US-amerikanische STIKO-Pendant ACIP (Advisory Committee on Immunization Practices) unterstreicht die Bedeutung von Impfungen bei Menschen mit Blutungsneigung. Viele Ärztinnen und Ärzte trauten sich jedoch aufgrund eines hohen Risikos für Hämatome nicht, diese Patientinnen und Patienten in den Muskel zu impfen.6 Doch ist hierbei grundsätzlich mit Hämatomen zu rechnen?

Im Rahmen einer Studie wurden 153 Personen mit einer Hämophilie i. m. gegen Hepatitis B geimpft. Dazu wurden Nadeln mit einem Durchmesser von max. 23 Gauge verwendet. Auf die Impfstelle wurde anschließend für 1–2 min Druck ausgeübt. Nur 4 % der so Geimpften zeigten im Anschluss Hämatome – eine Faktor-Supplementierung war in keinem Fall erforderlich. Allerdings hält die ACIP auch fest, dass das Hämatom-Risiko bei Antigenen wie Pertussis, die mit stärkeren lokalen Reaktionen assoziiert sein können, unbekannt ist.3

Wie so oft kommt es also auf die Technik an. Wenn in Einzelfällen keines der verfügbaren Vakzine subkutan verabreicht werden kann, sollten Arzt oder Ärztin, die mit dem individuellen Blutungsrisiko des potenziellen Impflings vertraut sind, eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung durchführen. Fällt die Entscheidung für eine i. m.-Injektion, rät die ACIP zur Verwendung einer dünnen Nadel (≤ 23 Gauge) sowie einer mind. 2-minütigen starken Kompression der Impfstelle, ohne zu reiben.3 Diese Empfehlungen greift auch die STIKO auf.1 Personen unter antihämophiler Therapie sollten möglichst nach Verabreichung der Medikation geimpft werden – Personen, die Antikoagulantien einnehmen, möglichst davor.3   

Sowohl die geimpfte Person als auch deren Angehörige sollten im Vorfeld über das Risiko für Hämatome infolge der Impfung aufgeklärt werden.3

Fazit für die Praxis

  • für Personen mit Blutungsneigung, Gerinnungsstörungen oder unter Antikoagulantien gelten die aktuellen Empfehlungen der STIKO2
  • sofern dies lt. Fachinformation möglich ist, kann subkutan geimpft werden1
  • die Entscheidung für eine i. m.-Applikation sollte sorgfältig und individuell abgewogen werden1,3
  • bei i. m.-Applikation sollte eine möglichst dünne Nadel verwendet werden (≤ 23 Gauge)1,3
  • nach i. m.-Applikation sollte für mind. 2 min starker Druck auf die Impfstelle ausgeübt werden, ohne zu reiben1,3
  • Impfling und Angehörige sollten über das Hämatom-Risiko nach Impfung aufgeklärt werden3

Referenzen

1. Kontraindikationen zur Durchführung von Impfungen: Häufig gestellte Fragen und Antworten. Verfügbar unter: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/AllgFr_Kontraindi/faq_impfen_Kontraindi_ges.html. Abgerufen: 06/2023.

2. Epidemiologisches Bulletin 4/2023. 26. Januar 2023.

3. General Best Practice Guidelines for Immunization: Best Practices Guidance of the Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP). Verfügbar unter: https://www.cdc.gov/vaccines/hcp/acip-recs/general-recs/special-situations.html. Abgerufen: 06/2023.

Indikationen
Impfmanagement