Achtung, Erdbeertorte!

Von Marokko bis Süddeutschland – Hepatitis A-Viren kennen keine Grenzen. In vier echten Praxisfällen erfahren Sie, wie widerstandsfähig das Virus ist und welch teils schwere Krankheitsverläufe Infizierte durchleben.

15. Oktober 2025
Lesedauer: 3 Min.
Eine Torte mit Erdbeeren und Sahne vor einem rosafarbenen Hintergrund

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) treten jährlich etwa 159 Mio. neue Hepatitis-A-Virus-(HAV)-Infektionen auf, die zu rund 1,5 Mio. klinischen Fällen und 39.000 Todesfällen führen.1 Vor allem ältere Personen und Menschen mit Vorerkrankungen können von schweren Krankheitsverläufen betroffen sein.1 Rund 30–40 % der in Deutschland gemeldeten Hepatitis-A-Fälle sind auf Auslandsreisen zurückzuführen2 – doch auch innerhalb Deutschlands ist Gefahr.

Martin, 50 Jahre: Kontaminierte Datteln in Marokko

Der 50-jährige Urlauber musste 2 Wochen nach seiner Marokko-Reise aufgrund eines akuten Leberversagens stationär aufgenommen werden. Die Ursache der vorliegenden Hepatitis A war der Konsum von kontaminierten Datteln, die er während seiner Reise gegessen hatte. Ein vorbestehendes Leberleiden in Form einer Fettleber hatte das Risiko eines Leberversagens erhöht. Sein 19-jähriger Sohn musste ebenfalls ambulant behandelt werden. Sowohl der Sohn als auch der Patient selbst waren nicht gegen Hepatitis A geimpft, ebenso wie die daheimgebliebene Ehefrau.

 

Stefan, 45 Jahre: Lebertransplantation nach Frucht-Cocktail

Ein 45-jähriger Urlauber, der aufgrund eines Sjögren-Syndroms mit Mycophenolat-Mofetil immunsupprimiert war, infizierte sich während seines Türkei-Urlaubs mit HAV. Der Überträger des Virus war ein nicht-alkoholischer Frucht-Cocktail, der an einer Strandbar konsumiert wurde. Der Patient war lediglich gegen Hepatitis-B-Virus (HBV) geimpft, nicht jedoch gegen HAV. Die Krankheit verlief fulminant:  Bei der histologischen Untersuchung wurden 70 % der Leberzellen als zerstört identifiziert. Aufgrund des dadurch fortschreitenden Funktionsverlusts erwiesen sich sämtliche therapeutischen Maßnahmen als unzureichend, so dass eine Lebertransplantation als lebensrettende Maßnahme erforderlich wurde.

 

Heiko, 45 Jahre: Austern in Südfrankreich

Der 45-jährige niedergelassene Facharzt musste seine Frankreich-Reise vorzeitig abbrechen, da er unter Abgeschlagenheit, Gelenkbeschwerden und dunklem Urin litt. In der Klinik wurde er ambulant betreut. Die Ursache seiner Symptome waren kontaminierte Austern mit dem HAV, die er in Südfrankreich konsumiert hatte. Im Gegensatz zu seiner im Gesundheitswesen tätigen Ehefrau und seiner Tochter, die sich auf Weltreise befand und von ihm vor Reiseantritt noch persönlich gegen HAV geimpft worden war, war er selbst nicht gegen HAV geimpft.

 

Ulrike, 65 Jahre: Tiefkühl-Erdbeeren in Süddeutschland

Für eine 65-jährige Frau auf einer Familienfeier in Bayern erwies sich eine Torte mit tiefgekühlten Erdbeeren als tückischer Überträger des HAV. Eine Woche nach den Feierlichkeiten zeigten sich bei der Patientin Symptome wie Abgeschlagenheit und Ikterus. Der Genuss der Torte endete für sie in einem mehrtägigen stationären Aufenthalt, da der Verdacht auf ein akutes Leberversagen bestand. Zunächst wurde die Patientin für 6 Tage auf der Intermediate-Care-Station des Bereichs für Transplantationshepatologie überwacht und die notwendigen Evaluationsuntersuchungen zur Lebertransplantation bei akutem Leberversagen durchgeführt. Nach Besserung der Leberfunktionsparameter erfolgte eine Verlegung auf eine hepatologische Normalstation. Die Patientin konnte nach 1 Woche in die ambulante hepatologische Verlaufskontrolle entlassen werden. Innerhalb eines Zeitraums von 6 Monaten normalisierten sich alle Leberwerte.

Die Fallbeispiele finden Sie hier im Detail.

 

Hartnäckig und langlebig: Hepatitis-A-Viren

Neben der fäkal-oralen Übertragung im direkten Kontakt mit infizierten Personen stellt kontaminiertes Wasser oder Lebensmittel weltweit die häufigste Infektionsquelle für das HAV dar.3 Aufgrund ihrer außergewöhnlichen Umweltresistenz bleiben HAV selbst unter extremen Bedingungen über Wochen infektiös – auch tiefgefroren. So sind Infektionen nicht nur in klassischen Reiseländern, sondern zunehmend auch durch importierte Lebensmittel, etwa kontaminiertes Tiefkühlobst, in Deutschland möglich.

 

Wirksam Schützen – wie?

Eine Grundimmunisierung mit einem HAV-Impfstoff besteht aus 2 Impfstoffdosen, die im Abstand von 6 bis 12 Monaten verabreicht werden. Bereits eine Impfstoffdosis bewirkt einen guten Schutz für 6 bis 12 Monate. Es stehen außerdem Kombinationsimpfstoffe mit HBV-Impfstoffen zur Verfügung, für die, wie bei der Hepatitis-B-Impfung, ein Dreidosenimpfschema als Standardimpfschema vorgesehen ist.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen HAV nicht allgemein, sondern gezielt für bestimmte Risikogruppen:

  • Personen, die aufgrund ihres Sexualverhaltens ein erhöhtes Ansteckungsrisiko haben (z.B. Männer, die Sex mit Männern haben), 
  • Personen mit Erkrankungen der Leber bzw. mit Leberbeteiligung, 
  • Personen, denen häufig Blutbestandteile übertragen werden (z.B. bei Bluterkrankheit), 
  • Drogenkonsumierende, die Spritzen benutzen, 
  • Personen, die in psychiatrischen oder vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen betreut werden, 
  • Personen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko im Beruf oder bei ehrenamtlichen Tätigkeiten (z.B. im Gesundheitsdienst, in Gemeinschaftseinrichtungen sowie bei Kontakt mit Abwasser, zum Beispiel in Kanalisationseinrichtungen und Klärwerken),
  • Reisende in Regionen, in denen Hepatitis A weit verbreitet ist

Auch für Personen, die Kontakt zu infizierten Reiserückkehrern hatten und bisher weder gegen HAV geimpft sind noch eine HAV-Erkrankung durchgemacht haben, ist eine postexpositionelle Impfung möglich und sinnvoll. Wird die Impfung frühzeitig nach dem Kontakt mit dem Virus verabreicht, kann eine Erkrankung wahrscheinlich noch verhindert werden. Idealerweise sollte die Impfung so schnell wie möglich nach Exposition erfolgen.

Referenzen

1. Trucchi C et al. Determining the burden of foodborne hepatitis A spread by food handlers: suggestions for a targeted vaccination? Front Public Health. 2025;13:1617004.

2. Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin 06/2023: RKI-Ratgeber Hepatitis A | KRINKO: COVID-19-Impfung bei medizinischem Personal, unter: https://www.rki.de/DE/Aktuelles/Publikationen/Epidemiologisches-Bulletin/2023/06_23.pdf?__blob=publicationFile&v=3 [abgerufen am 19.08.2025].

3. infektionsschutz.de. Erregersteckbrief: Hepatitis A, unter: https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/hepatitis-a/ [abgerufen am 20.08.2025].

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