Tuberkulose
Die Tuberkulose ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die durch Vertreter des Mycobacterium tuberculosis-Komplexes hervorgerufen wird. Humanpathogen ist in erster Linie M. tuberculosis. M. tuberculosis wird durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen.
Komplikationen treten bei Kindern und Jugendlichen mit einer Häufigkeit von bis zu 25 % auf, bei Säuglingen in bis zu 50 %.
Bei Säuglingen: Gedeihstörungen, kurzzeitiges Fieber, anhaltender Husten
Mögliche Komplikationen der Krankheit sind unter anderem:
- Atelektasen bei Bronchusverlegung bzw. Ummauerung durch Lymphadenopathie (im Frühstadium)
- Ipsilaterale Pleuraergüsse (im Frühstadium)
- Tuberkulöse Meningitis (nach 3-6 Monaten)
- Knochen- und Gelenkbeteiligung (nach etwa 12 Monaten)
- Nierenbeteiligung (nach 5-15 Jahren)
- Miliartuberkulose (meist zu Beginn einer Tuberkulose, wenn der Primärherd Anschluss an das Blutsystem findet) Es kommt zur Disseminierung der Bakterien im gesamten Organismus und zahlreiche Organe sind von Tuberkeln übersät. Vorwiegende sind von dieser Form der Tuberkulose Säuglinge betroffen.
Die Tuberkulose ist weltweit verbreitet und mit weltweit etwa 1,8 Millionen Todesfällen, davon 0,4 Millionen in Assoziation mit HIV-Infektion, (bei 10,4 Millionen Neuerkrankungen) die bedeutendste Infektionskrankheit des Menschen.
Inzidenz und Prävalenz sind in Deutschland und den meisten anderen europäischen Ländern seit 2013 wieder steigend, nachdem sie zuvor über viele Jahre kontinuierlich rückläufig waren.
Zuletzt wurden in Deutschland im Jahr 2017 5486 Neuerkrankungen gemeldet, davon 238 bei Kindern unter 15 Jahren. Besonders bedeutsam und Hauptgrund für den Wiederanstieg der Fallzahlen sind importierte Tuberkulosen, insbesondere durch Flüchtlinge aus afrikanischen und asiatischen Ländern. Ein globales Problem ist die Zunahme Isoniazid (INH)- und multiresistenter Stämme von M. tuberculosis, die in Deutschland vor allem bei Zuwanderern vorliegen.
Die Inkubationszeit der Tuberkulose beträgt 2-10 Wochen. Die meisten Erstinfektionen sind asymptomatisch bzw. vor allem bei Säuglingen unspezifisch (z.B. Gedeihstörung) und nur von kurzzeitigem Fieber begleitet. Bei bis zu 50 % der infizierten Säuglinge und 10-15 % der älteren Kinder sind Veränderungen der Lunge, meist mit anhaltendem Husten einhergehend, erkennbar.
Der primäre Suchtest bei Verdacht auf Tuberkulose ist nach wie vor der Tuberkulinhauttest. Er beruht auf der Ausbildung einer verzögerten T-Zell-vermittelten Immunreaktion nach Infektion mit Mykobakterien. Auch bei geimpften Patienten, die dadurch vorübergehend (etwa 5 Jahre) Tuberkulin-positiv werden, ist die Tuberkulinprobe bei Krankheitsverdacht bzw. Exposition sinnvoll.
Ist der Tuberkulintest negativ, sollte er sicherheitshalber wiederholt werden.
Positive Tuberkulintests sollten bei unklarem Expositionsstatus mittels Interferon-Release Assay (IGRA) nach Lymphozytenstimulation mit M. tuberculosis-spezifischen Antigenen bestätigt werden, da diese spezifischer als die Tuberkulinprobe sind.
Bei einem erstmals positiv ausfallenden Tuberkulin- bzw. Zytokintest muss eine Röntgenaufnahme des Thorax durchgeführt werden, um evtl. einen Primärkomplex als Ausdruck einer symptomatischen Infektion zu erkennen.
Goldstandard zum Nachweis einer offenen Lungentuberkulose ist der direkte Erregernachweis im Sputum bzw. – bei Kleinkindern und Säuglingen – im Nüchtern-Magensaft am Morgen, der verschlucktes Sputum enthält. Der Nachweis gelingt im Falle einer offenen Tuberkulose durch ZiehlNeelsen-Färbung im Direktausstrich des Sputums, durch kulturelle Erregeranzucht und/oder durch Erregernachweis mittels PCR (Polymerase-Kettenreaktion).
Die Behandlung einer Tuberkulose erfolgt durch Gabe von Tuberkulostatika. Die Wahl der Medikamente und die Behandlungsdauer richten sich nach dem jeweiligen Krankheitsstadium. Bei Resistenz des nachgewiesenen Mykobakterien-Stammes gegen eines oder mehrere Medikamente muss in jedem Fall die Initialtherapie mit 4 Tuberkulostatika erfolgen und ggf. auf Alternativpräparate ausgewichen werden.
Nach Exposition zu einem kontagiösen Tuberkuloseerkrankten und negativem Tuberkulintest des Exponierten wird eine Präventivbehandlung mit INH (bzw. Rifampicin) über 2 Monate empfohlen und anschließend der Tuberkulintest wiederholt. In ca. 90 % aller Fälle wird so die Infektion wirksam verhindert und der Test bleibt negativ. Anderenfalls liegt eine LTBI vor und die Gabe von INH (bzw. Rifampicin) sollte um weitere 6 Monate verlängert werden. Bei Organmanifestationen ist eine adäquate Therapie erforderlich.
1. Heininger: Impfratgeber – Impfempfehlungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene/ 11. Auflage – Bremen: UNI-MED, 2022; Seite 124-127