MFA-Akademie Refresher: Impfmanagement & Kommunikation

Der Herbst und damit die Hochsaison vieler bakterieller und viraler Atemwegserreger steht unmittelbar vor der Tür. Darüber hinaus gab es seit dem letzten Modul der MFA-Akademie einige wichtige Aktualisierungen und Informationen von der STIKO.

11. Oktober 2023
Lesedauer: 4 Min.
Grafik Refresher

Der MFA-Akademie Refresher fasst Ihnen die wichtigsten und neusten Informationen kompakt zusammen und gibt Ihnen hilfreiche Tipps an die Hand, damit Sie die vielen Impfungen, die nun im Herbst anstehen, entspannt in Ihrer Praxis umsetzen können um Ihre Patient*innen bestmöglich und zeitgerecht vor impfpräventablen Erkrankungen zu schützen.

  • Vortrag 1: Das große STIKO-Update – was Sie für den Herbst wissen sollten

    Die Ständige Impfkommission (STIKO) aktualisiert in regelmäßigen Abständen und basierend auf den neusten wissenschaftlichen Daten ihre Impfempfehlungen für Deutschland. Veröffentlicht werden diese auf der Internetseite des Robert-Koch-Instituts (RKI) im wöchentlich erscheinenden Epidemiologischen Bulletin. Im Jahr 2023 gab es bei vier Impfungen relevante Veränderungen: Gelbfieber, Affenpocken, COVID-19, Pneumokokken

     

    Gelbfieber: Auf Basis neuer Studien kann nach nur einer Impfstoffdosis nicht mehr auf eine lebenslange Immunität geschlossen werden. Daher wird vor erneuter oder bei fortgesetzter Exposition eine einmalige Auffrischimpfung empfohlen, sofern 10 oder mehr Jahre seit der Erstimpfung vergangen sind.

     

    Affenpocken: Diese Impfung wurde Anfang des Jahres neu in die allgemeine Impfempfehlung (Indikationsimpfung oder Berufsindikation) der STIKO mit aufgenommen.

     

    COVID-19: Diese Impfung wurde im Mai dieses Jahres neu in die allgemeine Impfempfehlung der STIKO mit aufgenommen.

     

    Abb. 2. FSME-Risikogebiete (n = 178) eingefärbt nach Höhe der Inzidenz im Zeitraum 2018 – 2022

     

    Pneumokokken: Laut STIKO ist für Säuglinge ab 2 Monaten und Personen ab 60 Jahren standardmäßig die Pneumokokken-Impfung empfohlen. Die Grundimmunisierung soll mit einem Konjugat-Impfstoff (Alter der Zulassung beachten!) erfolgen, die Auffrischimpfung bei den über 60-Jährigen seit diesem Herbst nicht mehr mit dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff (PPSV23), sondern mit dem 20-valenten Konjugat-Impfstoff (PCV20). Ebenso entfällt die sequenzielle Impfung bei Indikations- und Auffrischimpfungen für alle Erwachsene > 18 Jahren. Für Personen < 18 Jahren bleibet sie vorerst bestehen.

     

    Abb. 2. FSME-Risikogebiete (n = 178) eingefärbt nach Höhe der Inzidenz im Zeitraum 2018 – 2022

    * Zulassung des verfügbaren PCV20-Impfstoffs ab 18 Jahren

    ** Bei einer ausgeprägten Immundefizienz kann bereits im Mindestabstand von 1 Jahr nach der PPSV23-Impfung eine Impfung mit PCV20 erfolgen

     

    Neben den Pneumokokken und COVID-19 haben auch weiter Atemwegserreger im Herbst und Winter wieder Hochsaison: Influenza und RSV. Auch hier sollte bei den Personengruppen, die das höchste Risiko für eine schwere Infektion haben (Personen über 60 Jahren, chronische Grunderkrankungen), die Impfung nicht vergessen werden.

     

     

    Referenzen

    1. Epid Bull 2023;4:3- 68 | DOI 10.25646/10829

    2. Epid Bull 2023;21:7-48 | DOI 10.25646/11461

    3. Epid Bull 2023;39:3-44 | DOI 10.25646/11719

  • Vortrag 2: „Und nun?“ – Umsetzung der Impfempfehlungen in der Praxis

    Die Umsetzung der vielen Impfempfehlungen kann durchaus herausfordernd sein. Im Folgenden finden Sie ein paar hilfreiche Tipps, die es Ihnen erleichtern werden wird, den vielen im Herbst anstehenden Impfungen strategisch und entspannt entgegenzutreten.

     

     

    Ein wichtiges Werkzeug ist dabei die Definition und Umsetzung von bewältigbaren Impfzielen in Ihrer Praxis:

     

    1. Definieren Sie konkrete und realistische Impfziele, die Sie im Praxisteam erreichen wollen

     

    2. Impfziele können von der Patientengruppe aus gedacht sein

    • Personen ab 60 Jahre
    • Chronisch Kranke
    • Jugendliche
    • Schwanger

    3. Impfziele können von Impfungen her gedacht sein

    • Herpes-Zoster-Impfung
    • Pertussis-Impfung
    • Influenza-Impfung
    • Reiseimpfung

    4. Planen Sie die Anzahl der durchzuführenden Schutzimpfungen in einem Zeitraum (bspw. Quartal, Herbst) und beachten Sie die Kapazität der Praxis

     

    5. Nutzen Sie Koadministrationen um Impftermine zu sparen und Impflücken zu reduzieren

     

    6. Nutzen Sie jeden Patientenbesuch für die Erhebung des Impfstatus

     

     

    Referenzen

    1. Epid Bull 2023;4:3- 68 | DOI 10.25646/10829

    2. How to Administer Multiple Intramuscular Vaccines to Adults During One Visit (immunize.org)

  • Vortrag 3: Häufig gestellte Impffragen – wir haben die Antworten für Sie

    Zum Thema Impfen kommen immer wieder viele und auch spannende Fragen auf – nicht nur bei Patient*innen, sondern auch bei Ärztinnen und Ärzten sowie dem Medizinischen Fachpersonal. Eine Impfung, bei der immer wieder Anfragen auf uns zukommen, ist die Impfung gegen Herpes zoster. Daher haben wir für Sie ein paar Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen zusammengestellt:

     

    1. Kann man eine Gürtelrose bekommen, wenn man als Kind bereits die Windpocken hatte?

     

    Ja, die primäre Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (Windpocken-Infektion) ist die Grundvoraussetzung für das Auftreten eines Herpes zoster im späteren Lebensalter. Das Varizella-Zoster-Virus verbleibt nach der Primärinfektion in den dorsalen Ganglien in einer Latenzphase und kann durch verschiedene interne und externe Faktoren reaktiviert werden. Die Folge ist ein Herpes zoster als sogenannte Sekundärinfektion. Der größte Risikofaktor für die Reaktivierung des Virus ist das Alter und die damit einhergehende Immunoseneszenz.

     

    2. Wenn nach der 1. Impfstoffdosis eine Gürtelrose auftritt – macht die 2. Impfstoffdosis dann noch Sinn?

     

    Ja, die 2. Impfstoffdosis sollte verabreicht werden, um die Impfserie zu komplettieren. Dafür gibt es zwei valide Argumente:

    • Herpes zoster kann mehr als nur einmal im Leben auftreten, da man nach der Erkrankung keine bleibende Immunität erhält. Man spricht von sogenannten Rezidiven, die je nach Personengruppe bei bis zu etwa 10% der Betroffenen auftreten.
    • Nach der 1. Dosis der Impfserie ist die Immunantwort noch nicht ausreichend angesprochen, um die Wirksamkeit der Impfung zu gewährleisten. Die 2. Dosis der Impfung ist essenziell, um eine ausreichende Immunantwort zu induzieren. Erst mit der 2. Dosis wird das Immunsystem geboostert und die für den Immunschutz benötigten spezifischen T-Zellen gebildet.
    Abb. 2. FSME-Risikogebiete (n = 178) eingefärbt nach Höhe der Inzidenz im Zeitraum 2018 – 2022

     

    3. Wie lange muss nach einer durchgemachten Herpes-Zoster-Erkrankung bis zur Impfung gegen Herpes zoster gewartet werden?

     

    Laut STIKO soll mit der Impfung (1. oder 2. Dosis) gewartet werden, bis die akute Herpes-Zoster-Erkrankung vorüber ist und alle Symptome abgeklungen sind. Ein Expertengremium um Herrn Prof. Leischker hat sich kürzlich zusammengefunden, um diese Formulierung weiter zu konkretisieren. Der Konsens aus dieser Expertenrunde lautet wie folgt (keine Ausschließlichkeitsempfehlung): Die Impfung sollte nach Möglichkeit im Zeitraum von 3 bis 12 Monaten nach der Erkrankung erfolgen unter der Voraussetzung, dass die Erkrankung zum Zeitpunkt der ersten Impfung vollständig abgeheilt ist. Der Impfzeitpunkt sollte den individuellen Gegebenheiten angepasst werden. Bei erheblich immunsupprimierten Patienten mit Risiko für ein Frührezidiv des HZ frühzeitige Impfung bevorzugen.

     

    4. Kann die Herpes-Zoster-Impfung mit anderen Impfstoffen koadministriert werden?

     

    Ja, bei der von der STIKO empfohlenen Herpes-Zoster-Impfung handelt es sich um einen rekombinanten adjuvantierten Subunit-Totimpfstoff welcher mit anderen Totimpfstoffen koadministiert werden kann. Laut Fachinformation und STIKO ist die Koadministration mit einem inaktivierten, nicht adjuvantierten saisonalen Influenza-Impfstoff, dem 23-valenten Pneumokokken-Polysaccharid-Impfstoff (PPV23) oder Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Impfstoff (Tdap) möglich.

     

     

    Referenzen

     

    1. Epid Bull 2023;4:3- 68 | DOI 10.25646/10829

    2. Fachinformation Herpes zoster-Totimpfstoff, Stand Dezember 2022

    3. Batram et al., 2021, Burden of Herpes Zoster in Adult Patients with Underlying Conditions: Analysis of German Claims Data, 2007–2018 Dermatol Ther (Heidelb)

    4. Andreas Leischker et.al. 2023 – Impfung nach durchgemachter Infektion (Herpes-zoster-Impfung nach durchgemachter Infektion? • doctors|today)

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