MFA-Akademie - Modul 3

Von Jung bis Alt: Impfschutz in jeder Lebenslage

12. Juni 2024
Lesedauer: 6 Min.
Drei grafische Akademikermännchen, Modul 3

Impfschutz in jeder Lebenslage 

Viele teils tödlich verlaufende Infektionskrankheiten sind durch eine Impfung vermeidbar. Ein umfangreicher Impfschutz trägt somit dazu bei, dass wir eine geringere Sterblichkeit aufgrund von Infektionskrankheiten haben und gesund durchs Leben gehen können. Je nach dem in welcher Lebensphase wir uns befinden und welche Aktivitäten wir bevorzugt ausüben, kann die Liste an notwenigen Impfungen variieren. Im folgenden Handout zum 3. Modul der MFA-Akademie 2024 erfahren Sie alle Details zu den wichtigsten Impfungen im Verlauf des Lebens: Angefangen von den essenziellen Impfungen im Kindes- & Jugendalter, über die Impfungen, die wir im höheren Lebensalter benötigen, bis hin zu den wichtigsten Impfungen für Reiselustige. 

  • Vortrag 1: Gut geschützt von Anfang an: Impfungen im Kindes- & Jugendalter

    Bereits in den ersten Lebensmonaten empfiehlt die STIKO zahlreiche Impfungen für die jungen Säuglinge. So beginnt die „Impf-Karriere“ eines jeden Kindes im Alter von 6 Wochen mit der Rotavirus-Schluckimpfung und wird im Alter von 2 Monaten mit der Sechsfachimpfung gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Haemophilus influenzae Typ b, Poliomyelitis und Hepatitis B sowie der Pneumokokken-Impfung fortgeführt. Seit Anfang 2024 empfiehlt die STIKO zudem auch die Impfung gegen Meningokokken B ab dem Alter von 2 Monaten. Die Impfserien werden anschließend altersentsprechend fortgeführt, sodass alle wichtigen Grundimmunisierungen des Kindesalters bis zum 2. Geburtstag abgeschlossen sind. Dabei stellt sich für die Eltern häufig die Frage, warum die Impfungen bereits in so frühem Lebensalter erfolgen müssen. Tatsächlich gibt es für einige Infektionskrankheiten einen gewissen „Nestschutz“, das heißt mütterliche Antikörper werden über die Plazenta an das Baby übertragen. Dieser Schutz hält allerdings nach der Geburt nur eine gewisse Zeit an und gilt auch nicht für alle impfpräventablen Erkrankungen. Erkrankungen wie invasive Meningokokken- oder Pneumokokken-Erkrankungen, welche mit schwerwiegenden Symptomen bis hin zu Langzeitkomplikation oder dem Versterben des Säuglings einhergehen können, treten allerdings auf Grund der Unreife des Immunsystems oft schon im ersten Lebensjahr auf. Daher ist der Säugling auf einen frühestmöglichen Impfschutz angewiesen.2

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    Damit dieser Impfschutz so früh wie möglich durchgeführt werden kann, empfiehlt sich eine Koadministration, also das gleichzeitige Verabreichen von mehreren Impfungen. Die STIKO empfiehlt beispielsweise, dass im Alter von 2 Monaten 3 Injektionsimpfungen (Sechsfach-, Pneumokokken- und Meningokokken-B-Impfung) gemeinsam mit der Rotavirus-Schluckimpfung durchgeführt werden.

    Dies spart auf der einen Seite Termine für die Praxis und die Familie, gewährleistet einen frühzeitigen Impfschutz und hat zudem insgesamt weniger Nebenwirkungen, als es die Impfungen bei separaten Impfterminen hätten. Bei der Koadministration gilt, dass unterschiedliche Totimpfstoffe sowie Totimpfstoffe und Lebendimpfstoffe gleichzeitig verabreicht werden dürfen, es sind dabei keine Zeitabstände einzuhalten. Unterschiedliche Lebendimpfstoffe dürfen entweder am gleichen Tag oder im Abstand von 4 Wochen geimpft werden.2

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    Ab dem Alter von 11 Monaten beginnt die Grundimmunisierung gegen Masern, Mumps, Röteln sowie Varizellen. Seit 2020 existiert in Deutschland das Masernschutzgesetz. Dieses besagt, dass alle nach 1970 geborenen Personen, welche in einer Gemeinschaftseinrichtung betreut werden oder arbeiten, einen Masernschutz nachweisen müssen. Das Ziel dieser Maßnahme ist die Eliminierung der Masern, welche hochansteckend sind und schwerwiegende Krankheitsbilder sowie teilweise tödliche Komplikationen verursachen können.2

    Der STIKO-Impfkalender umfasst im Jugendalter verschiedene Auffrischimpfungen. Bisher noch nicht erfolgte Grundimmunisierungen sollen ebenfalls nachgeholt werden. Eine neue Grundimmunisierung im Jugendalter ist die Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV) für alle Mädchen und Jungen. Humane Papillomviren werden sexuell übertragen und sorgen für eine zumeist asymptomatische Infektion. Diese kann im weiteren Verlauf folgenlos abheilen, jedoch auch über Jahre hinweg zu Tumorerkrankungen führen. Circa 1.600 Tumorerkrankungen bei Männern sind in Deutschland jährlich HPV-bedingt und betreffen den Mund- und Rachenbereich sowie Anus oder Penis. Circa 6.200 Fälle treten jährlich bei Frauen in Deutschland auf. Die häufigsten Lokalisationen sind dabei der Gebärmutterhals, Vulva, Vagina, Anus sowie Mund- und Rachenbereich.3 Zur Prävention von HPV-bedingten Krebserkrankungen empfiehlt die STIKO die Grundimmunisierung gegen HPV bei allen Mädchen und Jungen im Alter zwischen 9 und 14 Jahren, bestenfalls vor dem ersten Geschlechtsverkehr. Die Nachholimpfung wird bis zum 18. Geburtstag empfohlen.2

  • Vortrag 2: Das alternde Immunsystem: Die wichtigsten Impfungen ab 50 Jahre

    Wie auch der Rest des Körpers, bleibt das Immunsystem vor dem Prozess der Alterung nicht verschont. Durch vielfältige altersbedingte Veränderungen in den Zellen des Immunsystems kommt es über die Zeit zu einer signifikanten Abnahme der Immunantwort. Der medizinische Fachbegriff für dieses Phänomen lautet „Immunseneszenz“. Folge der Immunseneszenz ist die verringerte Fähigkeit des Immunsystems, auf Pathogene und auch Impfungen zu reagieren. Bildlich kann man sich das das Immunsystem wie einen Regenschirm vorstellen, der den Körper vor dem Regen, welcher bildlich die Erreger aus der Umwelt darstellt, schützt. Zu Beginn des Lebens wird der Regenschirm und der damit verbundene Schutz immer größer. Ab einem Alter von bereits 30-40 Jahren stagniert die Zunahme der Immunkompetenz allerdings und wird von da an immer kleiner. In dem Bild verdeutlich sich dies durch einen immer kleiner werdenden Regenschirm. Patient*innen im höheren Alter haben daher eine erhöhte Infektionsanfälligkeit und zeigen zudem eine erhöhte Morbidität und Mortalität im Zuge einer Infektionserkrankung.

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    Aufgrund der erhöhten Gefährdung der Patienten im höheren Alter, werden diese auch besonders in den Standardimpfempfehlungen der STIKO berücksichtigt. Der Blick in den Standardimpfkalender zeigt, dass im Wesentlichen vier Impfungen explizit für Personen ab 60 Jahren durch die STIKO empfohlen werden:

     

    COVID-192

    SARS-CoV-2-Infektionen machen nach wie vor einen erheblichen Anteil der Hospitalisierungen aufgrund schwerer akuter respiratorischer Erkrankungen aus. Insbesondere ältere Personen sowie Risikopatienten haben ein erhöhtes Risiko, schwer an einer SARS-CoV-2-Infektion zu erkranken. Daher empfiehlt die STIKO allen Personen ab 18 Jahren sowie Personen ab 6 Monaten mit einer relevanten Grunderkrankung den Aufbau einer Basisimmunität gegen COVID-19. Diese kann durch 3 SARS-CoV-2-Antigenkontakte, von denen mindestens einer eine Impfung sein muss, hergestellt werden. Man spricht hier von einer heterogenen Immunität. Unter anderem wird Personen ab 60 Jahren zudem eine jährliche Auffrischimpfung mit einem varianten-adaptieren Impfstoff, vorzugweise im Herbst, empfohlen.

     

    Pneumokokken2

    Pneumokokken sind bakterielle Erreger, die physiologisch den Nasen-Rachen-Raum von ca. 50% der Bevölkerung besiedeln. Sie werden immer dann zu einem Problem, wenn sie sich lokal oder invasiv ausbreiten. Besonders gefährliche Folgen sind die Pneumokokken-Sepsis und die Pneumokokken-Meningitis, die besonders für sehr junge oder ältere Patient*innen gefährlich sind. Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen Pneumokokken daher u.a. Personen ab 60 Jahren als Standardimpfung. Seit kurzem steht ein 20 valenter Pneumokokken-Impfstoff (PCV20) zur Verfügung, der auch von der STIKO für den Einsatz bei Erwachsenen empfohlen wird. Personen ab 60 Jahren sollen sich daher einmalig mit dem Impfstoff PCV20 impfen lassen. Sollte bereits eine Impfung mit einem Polysaccharid-Impfstoff im Erwachsenenalter vorangegangen sein, so soll dennoch einmal mit dem PVC20-Impfstoff geimpft werden. Der Abstand zwischen den beiden Impfungen sollte mind. 6 Jahre betragen. Zum jetzigen Wissensstand sind keine weiteren Auffrischimpfungen im Alter notwendig.

     

    Influenza2

    Da Influenza eine häufige und potenziell schwer verlaufende virale Infektionserkrankung ist, empfiehlt die STIKO die jährliche Impfung gegen Influenza standardmäßig Personen ab 60 Jahren. Es handelt sich dabei um eine Impfstoffdosis mit einem quadrivalenten Hochdosis-Impfstoff mit der aktuellen von der WHO empfohlenen Antigenkombination. Um Impftermine zu sparen, kann die Influenza-Impfung u.a. zusammen mit der COVID-19-Impfung verabreicht werden. Personen mit gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grunderkrankung, wird die Influenza-Impfung auch schon unter 60 Jahren empfohlen. Hier erfolgt die Impfung allerdings mit einem inaktivierten quadrivalenten Impfstoff mit aktueller von der WHO empfohlener Antigenkombination.

     

    Herpes zoster2

    Herpes zoster ist eine Erkrankung, die durch das Varizella-Zoster-Virus ausgelöst wird. Mit dem Virus infizieren sich Patient*innen für gewöhnlich im frühen Kindesalter. Die Primärinfektion kennen wir als die typischen „Windpocken“. Auch nach dem Ausheilen der Infektion bleiben allerdings Viren im Körper zurück. Diese verstecken sich in der sogenannten Latenz-Phase in den dorsalen Ganglien und können im Alter aufgrund der nachlassenden Immunabwehr reaktiviert werden. Im Laufe des Lebens erkrankt eine von drei Personen an einem Herpes zoster. Die STIKO empfiehlt Personen ab 60 Jahren die Impfung gegen Herpes zoster als Standardimpfung. Das Impfschema besteht aus zwei Impfstoffdosen des adjuvantierten Totimpfstoffs die im Abstand von zwei bis sechs Monaten verabreicht werden sollen. Die Komplettierung der Impfserie durch die Gabe der zweiten Dosis ist essenziell, um einen bestmöglichen Impfschutz aufzubauen. Personen ab 50 Jahren mit Grunderkrankungen, die mit einem erhöhten Risiko für einen Herpes zoster einhergehen, empfiehlt die STIKO ebenfalls die Impfung gegen Herpes zoster. Relevante Grunderkrankungen sind u.a. Diabetes mellitus, Rheumatoide Arthritis, Asthma bronchiale oder chronische Niereninsuffizienz. Das Impfschema bleibt mit 2 Impfstoffdosen im Abstand von zwei bis sechs Monaten gleich. 

     

    Neben den von der STIKO empfohlenen Standardimpfungen für Personen im höheren Alter, sollte natürlich auch sichergestellt sein, dass alle anderen Standardimpfungen vollständig durchgeführt wurden und anstehende Auffrischimpfungen z.B. gegen Tetanus und Diphtherie zeitgemäß erfolgen. Um die Impftermine gering zu halten, empfiehlt es sich nach Möglichkeiten zur Koadministration zu schauen und die Zeit außerhalb der Saison der Atemwegserreger für nicht-saisonale Impfungen wie zum Beispiel der Herpes-zoster-Impfung zu nutzen. Je nach ausgeführtem Beruf und gelebter Reiseaktivität können auch für Ihre älteren Patient*innen noch weitere Indikationimpfungen (z.B. FSME oder Hepatitis B) hinzukommen.

  • Vortrag 3: Reise-Update: Welche Impfungen für welche Reiseziele?

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    → Bei Einreise-Impfvorschrift für Gelbfieber (viele Länder Afrikas, Südamerika) sollte Gelbfieber-Impfung priorisiert werden!

     

    → Wird bei „Last-minute“-Reisenden (<4 Wo. bis Abreise) z.B. erst gegen Masern geimpft und Gelbfieber nicht koadministriert (<24h), ist vor der Reise kein Schutz vor Gelbfieber mehr möglich und die Einreise kann versagt werden.

Referenzen

1. Epid Bull 2024;14:1–206 | DOI: 10.25646/12006

2. Epid Bull 2024;4:1- 72 | DOI 10.25646/11892.3

3. RKI –Informationsmaterialien zum Impfen – Kurz & Knapp: Faktenblätter zum Impfen, https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Materialien/Faktenblaetter/HPV.pdf__blob=publicationFile

Grundlagen Impfung