Zoster-Totimpfstoff rekrutiert naive T-Zellen

Der Zoster-Totimpfstoff generiert langanhaltende Immunantworten vor allem aus naiven T-Zellen.

15. November 2024
Lesedauer: 4 Min.
Nahaufnahme einer T-Zelle

Auf einen Blick:

Der rekombinante Zoster-Totimpfstoff generiert langanhaltende Immunantworten vor allem aus naiven T-Zellen und weniger aus existierenden Gedächtniszellen, die durch die Erstinfektion mit dem Varicella-zoster-Virus meist in der Kindheit angelegt wurden. Es ist überwiegend diese neu rekrutierte T-Zellantwort, die mit der über viele Jahre anhaltenden Immunantwort auf den Zoster-Totimpfstoff korreliert. Diese „neue“ Immunantwort braucht zum Aufbau des Impfschutzes zwei Dosen des Impfstoffs, da die Impfung nicht einfach einen „Booster“ der schon vorhandenen Immunantwort darstellt, sondern vor allem auch eine neue Immunantwort erzeugt wird.

Seit dem Ende der Zulassungsstudien wurde die Wirksamkeit des seit 2018 von der STIKO empfohlenen Zoster-Totimpfstoffs weiterhin jährlich bestimmt. Dabei wurde eine für einen Subunit-Totimpfstoff beachtliche Wirksamkeit von 87,73% (Konfidenzintervall 84,89%–90,12%) über einen Zeitraum von 11 Jahren ab einem Monat nach der zweiten Impfstoffdosis festgestellt, die mit der Zeit nur sehr langsam abnimmt.1

Forschende versuchen, die Ursache dieser langanhaltenden Wirksamkeit zu verstehen. Hierfür wurden die Immunantworten gegen das in der Totimpfung als Antigen enthaltene Glykoprotein E (gE) des Varicella-zoster-Virus nach Impfung mit dem Totimpfstoff mit den Immunantworten gegen gE nach dem ebenfalls zugelassenen Lebendimpfstoff verglichen.2

Die Immunantworten waren interessanterweise sehr unterschiedlich. Die Immunantwort gegen gE war nach dem Totimpfstoff viel höher. Zunächst ist dies verständlich, da der Lebendimpfstoff alle Antigene beinhaltet, der Totimpfstoff jedoch nur gE in großer Menge. Allerdings war die Immunantwort gegen gE auch qualitativ deutlich verschieden. In der Analyse wurden mittels Hochdurchsatzsequenzierung die T-Zellrezeptoren der gE-reaktiven T-Zellen sequenziert, also die T-Zellen, welche gE erkennen, wenn es (oder vielmehr Teile davon) den T-Zellen von Antigen-präsentierenden Zellen im sogenannten MHC-II-Komplex präsentiert wird.2

Es gibt durchaus häufige T-Zellrezeptoren, die von verschiedenen Menschen gebildete werden können und seltene, die z.B. nur wenige oder gar nur ein Mensch bilden kann - denn nicht jeder Mensch hat die gleiche genetische Ausstattung. Die neu generierten T-Zellen nach der Impfung mit dem Zoster-Totimpstoff hatten vor allem solche gE-spezifischen T-Zellrezeptoren, die von verschiedenen Menschen gebildet werden können. Dies könnte das sehr homogene Ansprechen auf diese Impfung erklären – die allermeisten Menschen können so eine ähnliche langandauernde, zelluläre Immunantwort generieren.2

Zugleich wurde bestimmt, ob diese T-Zellen aus Gedächtniszellen hervorgegangen waren oder aus naiven T-Zellen. Die Gedächtniszellen hatte der Körper mit hoher Wahrscheinlichkeit schon bei der Erstinfektion mit dem Varicella-zoster-Virus in der Kindheit gebildet, bevor das Virus in seine teils jahrzehntelange Latenz in den Ganglien sensorischer Nerven gegangen ist.2

Schematische Abbildung: Varicella-zoster gE-spezifische CD4+-T-Zellen 5 Jahre nach Impfung.

Interessanterweise gingen die gE-reaktiven T-Zellen nach der Impfung mit dem Totimpfstoff zu einem großen Teil aus naiven T-Zellen hervor, wurden also durch die Impfung „neu“ generiert, während der Lebendimpfstoff vermehrt Gedächtniszellen aktiviert hat. Das hat Implikationen für das Verständnis der Wirkweise der Impfung – es handelt sich bei der Impfung mit dem adjuvantierten Herpes-zoster-Subunitimpfstoff nicht einfach um die „Auffrischung“ der existierenden Gedächtnisantwort gegen das Varicella-zoster-Virus. Die Rekrutierung naiver T-Zellen korreliert den Autoren um Laing et al. nach mit der langanhaltenden Immunantwort auf den adjuvantierten Herpes-zoster-Totimpfstoff – nach 5 Jahren fand man in hohem Maße solche gE-reaktiven T-Zellen, die aus naiven T-Zellen hervorgegangen waren.2

Auch wenn die Studie es nicht direkt untersucht hat: Der Befund, dass die Immunantworten gegen den Totimpfstoff und das lebend-attenuierte Impfvirus so verschieden sind, untermauert, dass weder das Varicella-zoster-Virus bei einer Zoster-Episode noch die Lebendimpfung als „Prime“ oder „Boost“ für den rekombinanten Totimpfstoff dienen können – letzterer stimuliert zwar teilweise auch eine bestehende Gedächtnisantwort, legt aber eben zu großen Teilen eine „neue“ zelluläre Immunantwort an. Für die Bildung dieser Immunantwort braucht es, wie bei vielen Totimpfstoffen, unbedingt eine zweite Dosis, so wie in den Zulassungsstudien getestet und auch in der Fachinformation beschrieben.3,4

Referenzen

1. Strezova, A. et al. Adjuvanted recombinant zoster vaccine (RZV) is the first vaccine to provide durable protection against herpes zoster (HZ) in all age ranges =50 years: final analysis of efficacy and safety after 11 years (Y) of follow-up. ECCMID (2024).

2. Laing, K. J. et al. Recruitment of naive CD4+ T cells by the recombinant zoster vaccine correlates with persistent immunity. J. Clin. Invest. 133, e172634 (2023).

3. Chlibek, R. et al. Safety and immunogenicity of three different formulations of an adjuvanted varicella-zoster virus subunit candidate vaccine in older adults: a phase II, randomized, controlled study. Vaccine 32, 1745–1753 (2014).

4. Fachinformation rekombinanter adjuvantierter Herpes-zoster-Totimpfstoff.

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