3 Gründe, nicht zu impfen – oder etwa doch?

Impfen oder nicht impfen, das ist hier die Frage: Eine Reihe von Kontraindikationen sprechen berechtigterweise gegen eine Impfung – doch es gibt auch Situationen, die nur vermeintlich ein Hindernis darstellen. Wann eine Impfung dennoch möglich ist: 3 Fälle.

13. Juli 2023
Lesedauer: 3 Min.
Hände mit Handschuhen machen mit den Fingern ein Kreuz

1. Der Patient hatte kürzlich Kontakt mit dem Erreger

Wenn der Patient kurz vor der Impfung Kontakt mit dem entsprechenden Erreger hatte, bestehen häufig Bedenken hinsichtlich möglicher Komplikationen der Impfung oder der Erkrankung. Das Robert Koch-Institut (RKI) betrachtet eine Impfung während der Inkubationszeit jedoch als sicher in Bezug auf Verträglichkeit der Impfung und Verlauf der Erkrankung. Sie wirkt sich nicht negativ auf den Krankheitsverlauf aus, kann sogar – bei bestimmten Erkrankungen und rechtzeitiger Verabreichung – die Schwere des Verlaufs reduzieren oder gar den Ausbruch der Erkrankung verhindern als sogenannte PEP, Postexpositionsprophylaxe z. B. bei Tollwut, Hepatitis B und Tetanus. Die Impfung nach Erregerkontakt stellt eine Chance dar, bestehende Impflücken zu schließen.1

Zu beachten ist dabei, dass dies lediglich während der Inkubationszeit gilt. Eine akute Erkrankung, die eine Behandlung erfordert, gilt dagegen als echte Kontraindikation.1

2. Der Patient leidet an einer Blutungsneigung

Für die meisten Impfstoffe gilt: die Injektion erfolgt intramuskulär. Das kann bei Personen mit Blutungsneigung oder Gerinnungsstörungen – ob im Kindes- oder Erwachsenenalter – zu Unsicherheiten führen. Denn obwohl auch für sie uneingeschränkt die Empfehlungen der STIKO gelten, kann die Verabreichung in den Muskel leicht zum Problem werden.1,2

Auf eine Impfung sollte deswegen aber nicht verzichtet werden. Stattdessen kann die Applikation subkutan erfolgen. Der Großteil der Vakzinen kann laut Fachinformation auch auf diesem Wege verabreicht werden. Sollte dies bei einem Impfstoff nicht möglich sein, so findet sich schnell ein Ersatz. Wenn in Einzelfällen keine der verfügbaren Vakzinen subkutan verabreicht werden kann, sollte der Nutzen der Impfung individuell und sorgfältig gegen das Risiko abgewogen werden. Im Falle einer Entscheidung für die Impfung sollten Sie bei der i. m.-Applikation zu einer besonders feinen Injektionsnadel greifen. Die Einstichstelle sollte anschließend für mindestens 2 Minuten stark komprimiert werden.1,3

Das RKI hat Herstellerangaben zu den empfohlenen bzw. vorgeschriebenen Injektionswegen der derzeit in Deutschland verfügbaren Impfstoffe in einer praktischen Tabelle zusammengefasst. Ebenfalls angegeben sind alternative Injektionswege, sofern vorhanden, sowie Hinweise aus den jeweiligen Fachinformationen.

 

3. Der Patient leidet unter einer Autoimmun- oder einer chronisch entzündlichen Erkrankung

Können Impfungen Schübe bestehender Erkrankungen oder gar das Neu-Auftreten einer solchen auslösen? Derzeit gibt es keine Belege für einen kausalen Zusammenhang. Chronisch entzündliche Erkrankungen, z. B. des Darmes, oder Autoimmunerkrankungen, wie die Multiple Sklerose, stellen also keine grundsätzlichen Kontraindikationen für alle Impfungen dar. Im Gegenteil: Impfpräventable Infektionen können bei Grunderkrankten ohne Impfung Schübe auslösen. Sowohl Morbidität als auch Mortalität steigen infolge einer Infektion an. Auch das Risiko eines schweren Verlaufs der Infektionserkrankung ist bei dieser Patientenklientel erhöht.1

Trotz der Vorteile eines vollständigen Impfschutzes ist eine differenzierte Sicht auf die jeweils zu verwendenden Vakzinen angezeigt. Kommt eine immunsuppressive Therapie bei der Behandlung der Grunderkrankung zum Einsatz, können nur Totimpfstoffe uneingeschränkt* angewendet werden. Lebendimpfstoffe wie die gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen können dagegen lediglich bis 4 Wochen vor Beginn der Immunsuppression eingesetzt werden, danach ist ihre Anwendung kontraindiziert. Bei Vorliegen einer Myasthenia gravis ist die Gelbfieberimpfung grundsätzlich nicht anzuwenden.1  

Echte Kontraindikationen

Neben den oben genannten akuten behandlungsbedürftigen Erkrankungen sowie der Verabreichung von Lebendimpfstoffen bei Immundefizienten sollte auch in diesen Situationen von einer Impfung abgesehen werden:1,2

  • Bei Auftreten unerwünschter Wirkungen nach vorhergehender Impfung mit demselben Impfstoff, wenn die Ursache bis dahin nicht geklärt ist
  • Bei Allergien gegen Impfstoffbestandteile. Unter manchen Voraussetzungen kann eine Impfung von Allergikern dennoch möglich sein, z.B. bei einer Hühnereiweißallergie.,
  • Eine Schwangerschaft der zu impfenden Person, wenn die Impfung nicht dringend indiziert ist. Eine Ausnahme bilden die Influenza und die Pertussis-Impfungen, die generell in der Schwangerschaft empfohlen sind.
    Weiterhin sollte eine fehlende/ unvollständige COVID-19-Basisimmunität (3 SARS-CoV-2-Antigenkontakte, mindestens 2 in Form von Impfungen) auch in der Schwangerschaft durchgeführt, beziehungsweise komplettiert werden.4
  • Weitere Informationen zu richtigen und falschen Kontraindikationen finden Sie hier im Faktenblatt des RKI.

* Die Angaben in der jeweiligen Fachinformation sind zu beachten.

Referenzen

1. Kontraindikationen zur Durchführung von Impfungen: Häufig gestellte Fragen und Antworten. Verfügbar unter: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/AllgFr_Kontraindi/faq_impfen_Kontraindi_ges.html. Abgerufen am: 12.07.2022.

2. Epidemiologisches Bulletin 4/2022. 27. Januar 2022.

3. General Best Practice Guidelines for Immunization: Best Practices Guidance of the Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP). Verfügbar unter: https://www.cdc.gov/vaccines/hcp/acip-recs/general-recs/special-situations.html. Abgerufen am: 12.07.2022.

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