Aluminium & Co. in Impfstoffen: 3 Antworten für die Praxis
Aluminium als Adjuvans in Impfstoffen werden immer wieder negative Effekte zugeschrieben – zu Unrecht. Mit diesen Antworten können Sie möglichen Vorbehalten begegnen.Impfen oder nicht impfen, das ist hier die Frage: Eine Reihe von Kontraindikationen sprechen berechtigterweise gegen eine Impfung – doch es gibt auch Situationen, die nur vermeintlich ein Hindernis darstellen. Wann eine Impfung dennoch möglich ist: 3 Fälle.
Frage 1: Warum sind Adjuvantien notwendig?
Der Einsatz von Adjuvantien ist der Evolution der Impfstoffforschung und -produktion geschuldet. So führte die zunehmende Reinheit moderner Vakzinen zwar dazu, dass die Reaktogenität abnahm – ein entscheidender Vorteil – gleichzeitig sank aber teils auch die Immunogenität.
Der Grund: In den hochgereinigten Impfstoffen fehlen zusätzliche Bestandteile, wie Nukleinsäurereste, die die Immunreaktion verstärken. Neben der Verwendung reinerer Antigenkomponenten kommen bei manchen Impfstoffen auch Erregerbestandteile zum Einsatz, die von Natur aus mit einer geringeren Antigenizität assoziiert sind. Des Weiteren ist die physiologische Abnahme der Immunkompetenz bei der besonders zu schützenden älteren Bevölkerung zu berücksichtigen (Immunoseneszenz). Ähnliches gilt für Personen mit einer Immundefizienz. In den genannten Fällen ist es sinnvoll und wichtig, die Immunreaktion zu verstärken, um eine ausreichende Schutzwirkung der Impfung zu erzeugen. Dies kann durch den Einsatz von höheren Antigenmengen oder Adjuvantien gelingen.1
Ein positiver Aspekt von Adjuvantien erscheint vor allem im Licht der COVID-19-, aber auch der Influenza-Pandemie, interessant: Ihr Einsatz ermöglicht es, die Antigenmengen pro Impfstoffdosis zu reduzieren, sodass innerhalb kürzerer Zeit mehr Impfstoffdosen zur Verfügung gestellt werden können. Ein weiteres Potenzial besteht in der Reduktion der notwendigen Impfstoffdosen für eine Immunisierung.1
Bezüglich der Immunreaktion wurden außerdem diese Vorteile von Adjuvantien beobachtet:1
- Verbreiterung der Immunantwort im Sinne eine Kreuzimmunität
- Höhere Affinität der Antikörper gegen das Impfantigen
- Induktion unterschiedlicher T-Helfer-Zellantworten je nach Adjuvans
Frage 2: Welche Adjuvantien gibt es und wo werden sie eingesetzt?
Es gibt eine Vielzahl verschiedener Adjuvantien, die in unterschiedlichen Impfstoffen zum Einsatz kommen. Dazu gehören:1
- Aluminiumsalze
- Lipopolysaccharide
- Öl-in-Wasser-Emulsionen
- CpG-Dinukleotid
- pflanzliche Saponine
Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht, welches Adjuvans in welchem derzeit zugelassenen Impfstoff verwendet wird (Modifiziert nach 1):
Adjuvans | Impfstoff |
---|---|
Aluminiumkaliumphosphat | Diphtherie, Tetanus |
Aluminiumhydroxyphosphatsulfat | Hepatitis B, HPV |
Aluminiumhydroxid | Hepatitis A, Hepatitis B, Japanische Encephalitis, FSME |
Aluminiumphosphat |
Pneumokokken |
AS01 (MPL, QS21 Liposome) | Malaria, Herpes Zoster |
AS03 (squalenhaltig, Öl in Wasser) | Influenza (pandemisch) |
AS04 (MPL + Aluminiumphosphat) | Hepatitis B, HPV |
MF59 (squalenhaltig, Öl in Wasser) | Influenza (saisonal und pandemisch) |
CpG | Hepatitis B |
Virosome | Influenza, Hepatitis A |
Adjuvans |
---|
Aluminiumkaliumphosphat
Impfstoff Diphtherie, Tetanus |
Aluminiumhydroxyphosphatsulfat
Impfstoff Hepatitis B, HPV
|
Aluminiumhydroxid
Impfstoff Hepatitis A, Hepatitis B, Japanische Encephalitis, FSME |
Aluminiumphosphat
Impfstoff Pneumokokken |
AS01 (MPL, QS21 Liposome)
Impfstoff Malaria, Herpes Zoster |
AS03 (squalenhaltig, Öl in Wasser)
Impfstoff Influenza (pandemisch)
|
AS04 (MPL + Aluminiumphosphat)
Impfstoff Hepatitis B, HPV |
MF59 (squalenhaltig, Öl in Wasser)
Influenza (saisonal und pandemisch) |
CpG
Impfstoff Hepatitis B |
Virosome
Impfstoff Influenza, Hepatitis A |
Weitere neue Adjuvantien bzw. adjuvantierte Impfstoffe befinden sich derzeit in der klinischen Entwicklung bzw. Prüfung. So zum Beispiel die Saponin-basierten Hilfsstoffe Matrix-M und ISCOM in Vakzinen gegen Influenza und HPV.1
Frage 3: Ist Aluminium in Impfstoffen schädlich?
Die unlöslichen Salze des Aluminiums sind auf mehreren Ebenen besonders. Zum einen handelt sich dabei um den ersten Hilfsstoff, der für den Gebrauch beim Menschen verwendet wurde – und das bereits vor ca. 100 Jahren. Zum anderen handelt es sich um einen der gesellschaftlich umstrittensten Wirkverstärker.1
Nach der Applikation aluminiumhaltiger Vakzinen kann es zu den bekannten, meist milden Lokalreaktionen kommen, die nach wenigen Tagen abklingen. Dazu gehören: Rötungen, Schwellungen und Verhärtungen (Granulome) an der Injektionsstelle. Einige wenige Personen erleben nach der Impfung systemische Reaktionen, z. B. erhöhte Temperatur, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Unwohlsein.1–3
Bezüglich möglicher systemischer Wirkungen von Aluminium ist zu beachten, dass es sich um schwer lösliche Salze handelt, die nicht intravasal, sondern intramuskulär verabreicht werden. Es ist also nie die komplette Menge des verabreichten Aluminiums gleichzeitig im Blut vorhanden. Der größte Teil des resorbierten Metallsalzes wird sehr schnell, meist renal, eliminiert. Es ist eine geringe Netto-Akkumulation zu beobachten. Im Vergleich zu anderen Quellen, wie Nahrung, ist die Aufnahme von Aluminium über Impfstoffe jedoch niedrig.1–3
Zur Datenlage bezüglich der Sicherheit aluminiumhaltiger Impfstoffe konstatiert das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in einer Stellungnahme:3
„Aus klinischen Studien und aus der Spontanerfassung von Nebenwirkungen in Deutschland gibt es kein Signal zu aluminiumbedingter Toxizität nach Impfungen.“
Adjuvantien haben sich weltweit über viele Jahrzehnte bewährt. Um Sicherheit und Wirksamkeit eines Impfstoffes zu gewährleisten, müssen sich neue Kombinationen aus Antigen und Adjuvans vor der Zulassung in Studien beweisen. Eine Zulassung erfolgt nur dann, wenn der Nutzen um ein Vielfaches höher ist als das Risiko schwerer Nebenwirkungen. Gleichzeitig werden die Möglichkeiten, Nebenwirkungen von Impfungen zu erfassen, fortlaufend verbessert, sodass diese schnell registriert und bewertet werden.
Referenzen
1. Wagner R & Hildt E. Zusammensetzung und Wirkmechanismen von Adjuvanzien in zugelassenen viralen Impfstoffen. Bundesgesundheitsbl 2019; 62: 462–471.
2. Oberle D et al. Impfkomplikationen und der Umgang mit Verdachtsfällen. Bundesgesundheitsbl 2019; 62: 450–461.
3. Weisser K et al. Sicherheitsbewertung von Aluminium in Impfstoffen. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit: Informationen aus BfArM und PEI; Ausgabe 3/2015.