Impfung gegen Poliomyelitis
Die Poliomyelitis ist eine Virusinfektion, die von drei Poliomyelitis-Virustypen (Gruppe der Pico-RNA-Viren) hervorgerufen werden kann und in ihrer Maximalform zu Paresen führt. Die Viren werden fäkal-oral oder über Tröpfcheninfektion übertragen.
Die Entdeckung der Poliomyelitisviren, ihr Übertragungsmechanismus und schließlich die Entwicklung von Impfstoffen verlief in folgenden Schritten:
- 1887 und 1895: Medin beschreibt in Schweden das epidemische Auftreten der Poliomyelitis und klassifiziert die verschiedenen Krankheitsformen
- 1909: Landsteiner und Popper berichten die Übertragbarkeit der Krankheit auf Rhesusaffen
- 1912: Kling und Mitarbeiter weisen das Virus im Gastrointestinaltrakt Infizierter nach
- 1951: Nachweis der 3 verschiedenen Virustypen in den USA
- 1955: Einführung der von Salk in den USA entwickelten Totvakzine (inaktivierte Poliomyelitis-Vakzine = IPV) mit allen 3 Virustypen
- 1961: Einführung der von Sabin in den USA entwickelten attenuierten Lebendvakzine (orale Poliomyelitis-Vakzine = OPV) mit allen 3 Virustypen
Siehe Impfschema. Die Impfung mittels attenuierter Lebendvakzine (orale Poliomyelitis-Vakzine = OPV) wird in Deutschland nicht mehr empfohlen.
Zur Grundimmunisierung im Säuglings und Kleinkindalter bei Verwendung von IPV in Kombinationsimpfstoffen (DTaP/Hib/Hepatitis B) werden für Reifgeborene 3 Impfungen im 2, 4, und 11 Monat empfohlen. Zwischen der 2. und 3. Impfdosis sollte ein Abstand von 6 Monaten nicht unterschritten werden. Für Frühgeborene (geboren vor der 37. Schwangerschaftswoche) gilt das ”3+1"-Impfschema mit 4 Impfstoffdosen im Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten.
Eine einmalige Auffrischimpfung ist für Jugendliche im Alter von 9-17 Jahren empfohlen (z.B. als Tdap-IPV Kombinationsimpfung).
Für die anderen Altersklassen besteht die Grundimmunisierung aus 3 Dosen in Abstand von 0-1-6 Monaten, eine einmalige Auffrischimpfung im Intervall von 5-10 Jahre wird empfohlen.
Weitere Auffrischimpfungen alle 10 Jahre nur für Risikopatienten und bei beruflicher Indikation. Aktuell müssen Ausreisende, welche sich 4 Wochen oder länger in einem Kategorie 1 Risikogebiet aufhielten, eine aktuelle (mindestens 4 Wochen bis maximal 12 Monate zurückliegend) Polio-Impfung aufweisen können.
Wirksamkeit und Verträglichkeit der IPV sind sehr gut. Lokale (Rötung, Schwellung, Schmerzen an der Impfstelle) und systemische Impfnebenwirkungen (Fieber, Müdigkeit, Appetitmangel u.ä.) sind selten.
Folgende Kontraindikationen sind bei der Anwendung von IPV zu beachten:
- Akute, behandlungsbedürftige Krankheiten (ausgenommen "banale Infektionen"): Verschiebung des Impfbeginns
- Bekannte, schwere allergische Reaktionen auf Bestandteile des Impfstoffes
1. Heininger: Impfratgeber – Impfempfehlungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene/ 11. Auflage – Bremen: UNI-MED, 2022; Seite 68ff, Epid Bull 2024;4:1- 72 | DOI 10.25646/11892
Impfalter
Erstimpfung ab dem vollendeten 2. Lebensmonat
Impfschutz-Dauer
Es ist umstritten, ob eine regelmäßige Boosterung notwendig ist.
Impfschutz-Symptome
Nahezu 100 % aller Impflinge besitzen nach 2 (bzw. 3) Impfdosen IgG-Antikörper gegen alle 3 Virustypen.