Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)

Die FSME ist eine durch Zeckenstich übertragene Flavivirus-Infektion. Überträger ist der Holzbock, Ixodes ricinus. Entsprechend dem Aktivitätsmaximum der Zecken treten die meisten Infektionen in der warmen Jahreszeit auf (nicht nur im “Frühsommer”, wie der Name impliziert!). Unmittelbar nach dem schmerzlosen und daher oftmals unbemerkten Stich und Beginn des mehrstündigen Saugaktes am Wirt wird das Virus bereits übertragen. Auf dem hämatogenen Weg erfolgt bei einem Teil der Infizierten der Befall des ZNS nach Überwinden der Blut-Liquor-Schranke.

12. Juli 2024
Lesedauer: 5 Min.
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Gefährdete Gruppen

Die FSME ist auf Endemiegebiete in Europa beschränkt. Aktuelle Karten der Endemiegebiete in Deutschland und Europa sind über die Seite des RKI erreichbar. Von Komplikationen sind Erwachsene wesentlich häufiger betroffen als Kinder.

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Symptome Schnellcheck

Zu Beginn treten unspezifische Prodromi zusammen mit Fieber auf:

  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit
  • Gliederschmerzen u.a. (Dauer 4-5 Tage)
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Gefahren für Patienten

Kommt es zur ZNS-Beteiligung, so äußert sich dies nach einem freien Intervall von wenigen Tagen in einer:

  • Aseptische Meningitis (45 %)
  • Meningoenzephalitis (45 %)
  • Meningomyelitis/-enzephalomyelitis (10 %)
  • Isolierte Paresen (<5 %)
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Ätiologie, Pathogenese und Epidemiologie

Die Nymphen und adulten Weibchen des Holzbocks sind in Bayern zu etwa 1 %, in Baden-Württemberg aber zu etwa 4 % mit FSME-Viren infiziert. In den vergangenen Jahren wurden in Bayern jährlich etwa 70-100 FSME-Krankheiten registriert, in Baden-Württemberg zwischen 50 und 120 Fälle. Bundesweit waren es jährlich mehrere hundert Fälle, 2017 und 2018 mit knapp bzw. deutlich mehr als 500 Fällen so viele wie noch nie.

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Krankheitsbild

Die Inkubationszeit beträgt 1-2 Wochen. Die Krankheit verläuft in Stadien. Bei einem erheblichen Teil der Infizierten (etwa 70 %) bleibt die Infektion asymptomatisch. Nach einigen Wochen wird das Virus wieder eliminiert.

Bei 10 % der infizierten Personen (Kinder ca. 3-5 %, Erwachsene etwa 20 %) folgt nach einem freien Intervall von wenigen Tagen die ZNS-Beteiligung. Die Meningitis unterscheidet sich in Ausprägung und Prognose nicht wesentlich von anderen aseptischen Meningitiden viraler Genese. Die Meningoenzephalitis (mit Bewusstseinsstörungen und ggf. Hirnnervenlähmungen) und insbesondere die Meningoenzephalomyelitis (zusätzliche periphere Nervenparesen, z.T. asymmetrisch wie bei einer Poliomyelitis) gehen dagegen in ca. 10 % der Patienten mit Residualschäden einher. Die Letalität beträgt 1-2 %.

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Diagnose

Die Diagnose einer FSME beruht auf dem Nachweis spezifischer IgG- und/oder IgM-Antikörper in Serum und/oder Liquor. In Zweifelsfällen kann die Virusisolierung aus dem Liquor versucht werden.

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Therapie

Eine spezifische antivirale Therapie steht nicht zur Verfügung. Die Behandlung beschränkt sich daher wie bei vielen anderen viralen ZNS-Infektionen auf symptomatische Maßnahmen wie Bettruhe, Abschirmung, und bei Paresen eine begleitende krankengymnastische Therapie.

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Prävention

Die Expositionsprophylaxe – langärmelige Kleidung, geschlossene Schuhe etc. bei Aufenthalt in Zeckenbiotopen (Waldrand, Parks, Gärten) in Endemiegebieten – ist zwar empfehlenswert, aber insbesondere im Kindesalter unpraktikabel und zudem unzuverlässig. Das abendliche Absuchen des Körpers nach saugenden Zecken ist sinnvoll, weil dadurch die Gefahr einer Borrelia-burgdorferi-Infektion, die ebenfalls durch Ixodes ricinus übertragen wird, gemindert wird. Auf die Übertragung des FSME-Virus hat sie jedoch keinen Einfluss, weil die Viren im Gegensatz zu B. burgdorferi bereits in den ersten Minuten nach dem Stich übertragen werden.

Eine effektive Chemoprophylaxe der FSME steht nicht zur Verfügung.

Referenzen

1. Heininger: Impfratgeber – Impfempfehlungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene/ 11. Auflage - Bremen: UNI-MED, 2022; Seiten 137ff

Grundlagen Erreger